1937 – die neue Modellserie


Auf der Leipziger Herbstmesse 1937 stellte TRIX EXPRESS die neue Modellserie vor: Eine große 2 C 1-Schnellzuglokomotive, dazu passende Schnellzugwagen in fünf Gehäusevarianten, ein zweiteiliger Dieseltriebwagen, ein Personenwagen und verschiedene Güterwagen in bislang unbekannter Qualität wurden angeboten. Nur zwei Jahre nach der ersten Vorstellung der TRIX EXPRESS-Bahn wurde mit diesen wirklichen Modellen endgültig der Schritt zur ersten vollwertigen Modelleisenbahn in der Spur 00 vollzogen.


Die im Herbst 1937 vorgestellte neue Schnellzuglokomotive 20/57 mit der realen Achsfolge 2’C1′. Bislang waren die Lokomotiven und Wagen noch sehr verkürzt, auch wenn sie durch geschickt gewählte Proportionen und Farbgebungen bereits stark an ihre Vorbilder erinnerten. Nun wurden erstmals nahezu maßstäbliche Modelle entwickelt und auf den Markt gebracht. Der TRIX EXPRESS Katalog des Jahres 1937 kündigt dies in seinem Vorwort wie folgt an:


Die vollkommene Modelleisenbahn

Auf allen Gebieten schreitet die Technik unaufhaltsam fort. Neue Konstruktionen bringen neue Formen, an denen wir den Fortschritt erkennen.

Auch die Eisenbahnen haben im Kampf um Schnelligkeit und Sicherheit neue Konstruktionen und Formen geschaffen. Wie wunderbar sind die modernen Sicherheitsanlagen, die windschnittigen Loks und die stromlinienförmigen Triebwagenzüge.

Nur die Miniatur-Eisenbahnen für Tisch und Zimmer behielten rückständig die alte, eckige Form des vorigen Jahrhunderts, abgesehen von den richtigen Eisenbahn-Modellen, die aber als Einzelstücke viel zu teuer waren.

TRIX EXPRESS schaffte hier Wandel und bringt eine originalgetreue Modellbahn zu mäßigem Preis, die durch den geringen Raumbedarf der Spur 00 und durch die besonderen technischen Vorzüge des TRIX EXPRESS-Systems alles bisher dagewesene übertrifft.

Jetzt kann auch der Mann der kleinen Wohnung und des kleinen Geldbeutels seinen langehegten Wunsch befriedigen und Lokführer werden.

Zur richtigen Ausübung des Modell-Eisenbahnsports gehört außer einer technisch richtigen Anlage natürlich auch eine gewisse Kenntnis des Eisenbahnbetriebes selbst.

Bisher war es auch für den Amateur sehr schwierig, ja fast unmöglich, sich durch Studium der Fachliteratur soviel betriebstechnische Kenntnisse anzueignen, daß er in der Lage war, seine Modell-Anlage der wirklichen Praxis entsprechend aufzubauen und zu befahren. Die meisten blieben deshalb bei den primitivsten Anfängen, beim bekannten „Imkreisherumfahren“ stecken. TRIX EXPRESS hilft auch hier mit seinem auf die TRIX EXPRESS-Bahn abgestellten Handbuch:

„1:90, Handbuch des TRIX-Eisenbahnbetriebes“

welches bei allen TRIX EXPRESS-Händlern erhältlich ist. Hier wird in gemeinverständlicher und fesselnder Weise alles für den TRIX–Eisenbahner nötige Wissen um die große Bahn vermittelt. Es wird auch gezeigt, wie man diese Kenntnisse beim Betrieb des TRIX EXPRESS bis zur Erreichung eines richtigen Fahrplans anwendet.

So macht TRIX EXPRESS aus einer Kinderspielerei, denn etwas anderes war das Fahren mit Miniatur-Eisenbahnen in dieser Preislage nicht, einen interessanten Sport für jedermann, ob jung oder alt.


Das erste maßstäbliche Modell der großen Einheitsschnellzuglokomotive der BR 01 in der Spur 00 kann als der größte Modellbahnfortschritt des Jahres 1937 eingestuft werden. Auch hier betrat TRIX wieder technisches Neuland. Zum ersten Mal war es in dieser Baugröße gelungen, ein realistisches Modell der sechsachsigen Pacific-Lokomotive zu konstruieren, das sogar noch durch den engen Standardgleisbogen fahren kann. Als weitere Besonderheit verfügte die Lokomotive bereits erstmalig über eine voll ausgebildete Heusingersteuerung. Sicher gab es noch Vereinfachungen wie die nicht durchbrochenen Gussspeichenräder. Dennoch weist das Modell bereits sehr gut gelungene Proportionen auf. Lokomotive und Tender sind aus Zinkdruckguss gefertigt


Modell 2 C 1 Schnellzugslok

Nach langen Versuchen ist TRIX die Konstruktion dieses betriebsfertigen, maßstäblichen genauen Modells der 2 C 1 Schnellzuglok der deutschen Reichsbahn gelungen. Die ganze Majestät der großen Maschine steckt in diesem nur handgroßen Modell, das alle typischen Konstruktionsmerkmale der 2 C 1 aufweist. Zweiachsiges Drehgestell, drei gekuppelte Triebradpaare, Laufräder unter dem Führerstand, bewegliche Heusinger-Steuerung. Trotz der großen Länge läuft die Lok rasch und sicher durch die Kurven der TRIX 00-Spur und lässt sich in jeder Kurvenstellung leicht kuppeln. Modell 2 C 1 ist Präzisionsarbeit, hat auswechselbare Lager für die schnelllaufenden Achsen, sowie Dauerschmierung für die am meisten beanspruchten Teile. Länge mit Tender über Puffer gemessen 27 cm.

20/57 wie obenstehende Abbildung mit automatischer Fernsteuerung und Stirnlicht.

Preis: RM 30.-


TRIX EXPRESS Dieseltriebwagen 20/58

Die zweite herausragende Neuheit war der zweiteilige Dieseltriebwagen 20/58. TRIX griff mit diesem Modell die mit den Schnelltriebwagen ausgelöste Begeisterung auf; es weist aber nicht die besonders windschnittige Form z.B. des “Fliegendern Hamburgers” auf. Das Modell ähnelt mit seinen abgerundeten Stirnfronten eher den damals neuen Dieseltriebwagen für den Eilzugverkehr oder den neuen elektrischen Triebwagen der Berliner S-Bahn, die 1936 anlässlich der Olympischen Sommerspiele in Dienst gestellt wurden. Gleichwohl ist es ein elegantes Modell, das viele Freunde gefunden hat.


Der Dieseltriebwagen 20/58 verfügt über einen fahrtrichtungsabhängigen Lichtwechsel weiß / rot Der Triebwagen besitzt Drehgestelle und Drehgestellblenden aus Zinkdruckguss; die Seitenwände bestehen aus lithographiertem Blech, das Dach aus lackiertem Blech.


Modell dieselelektrischer Triebwagenzug (zweiteilig)

Die dieselelektrischen Triebwagen sind die modernste Fahrzeuggattung für den Schnellverkehr auf kürzeren Strecken. Wie bei der 2 C 1 und den Modellwagen sind auch hier alle charakteristischen Konstruktionsmerkmale vorhanden. Langgestreckt stehen diese „Zeppeline der Schiene“ da; fast lautlos, scheinbar mühelos gleiten die schlanken Fahrzeuge dahin. Als Antriebsaggregat dient auch dabei der bewährte, kräftige TRIX EXPRESS-Motor, welcher hier auf die beiden Drehgestelle angeordnet ist. Dadurch wird dem Modell eine besonders gute Schienenlage und damit große Kurvensicherheit verliehen. Trotz der Länge läuft auch dieser Zug auf dem normalen Schienenkreis. Das weiße Frontlicht und das rote Schlusslicht wechseln automatisch beim Ändern der Fahrtrichtung. Länge des Zuges 43 cm.

20/58 bestehend aus Triebwagen und Anhänger, mit automatischer Fernsteuerung.

Preis: RM 25.-


Mit den neuen Wagen wurde auch eine neue Kupplung eingeführt. Die in Sammlerkreisen auch als “37er-Blechhakenkupplung” bezeichnete neuere Version ist deutlich stabiler und betriebssicherer als ihre beiden Gusskupplungs-Vorgänger aus den Produktionsjahren 1935 und 1936. Letztere brachen bei stärkerer Beanspruchung oder Stürzen ab oder führten aufgrund von Maßabweichungen zu Entkupplungen. Zu beachten ist dabei, dass der Dieseltriebwagen 20/58 konstruktionsbedingt zunächst mit der “36er-Gusskupplung” ausgeliefert wurde, die 37er-Blechhakenkupplung hat er nie bekommen.


Das folgende Bild zeigt die Seiten 10 und 11 des TRIX EXPRESS Kataloges aus dem Jahr 1937. Es wird nun zwischen Modell-Wagen und Normalware unterschieden. Hervorzuheben ist, dass die neuen Modellwagen deutlich teurer angeboten wurden:


Zu der neuen maßstäblichen 2 C 1-Schnellzuglokomotive mussten geeignete Schnellzugwagen entwickelt werden. Diese Aufgabe ist den Konstrukteuren gut gelungen. Als Vorbild wurden die Einheitsschnellzugwagen der Deutschen Reichsbahn mit zurückgesetzten Einstiegstüren ausgewählt, die ab 1928 ausgeliefert wurden. Die Wagenmodelle sind aus lithographiertem Blech gefertigt und für Innenbeleuchtung vorgesehen. Mit einer Wagenlänge von 215 mm wurden sie um nur 10% verkürzt. In das TRIX EXPRESS-Programm wurden ein Packwagen, zwei unterschiedliche Sitzwagen, ein Speisewagen und ein Schlafwagen aufgenommen.


Modellwagen auf Drehgestellen, vierachsig

Zur 2 C 1 werden passende Modellwagen geschaffen, die ebenfalls maßstäblich genau den Originalwagen nachgebildet sind. Die Wagen sind in den richtigen Farben gehalten, dauerhaft lackiert und mit Cellonfenstern ausgestattet. In allen Wagen ist Beleuchtung vorgesehen, die besonders zu beziehen ist und leicht eingerichtet werden kann. Länge über Puffer gemessen 22 cm.

Sämtliche Modellwagen mit Preisen auf Seiten 10 und 11.


TRIX EXPRESS Schnellzugpackwagen 20/161
(Produktionsausführung von 1937, mit Blechhakenkupplung und Blechdrehgestellblenden)


TRIX EXPRESS Schnellzugwagen 3. Klasse 20/162/3
(Produktionsausführung von 1939, mit Automatikkupplung und Gussdrehgestellblenden)

TRIX bot sogar zwei unterschiedliche Sitzwagen an: einen Wagen der 3. Klasse (Katalognummer 20/162 3) und einen Wagen der 1. und 2 Klasse (Katalognummer 20/162 1). Der Aufwand wurde soweit getrieben, dass beide Wagenvarianten unterschiedliche Fensterteilungen erhielten: 3. Klasse mit 10 Abteilfenstern und 1./2. Klasse mit 8 Abteilfenstern. Sogar die Dächer wurden angepasst: die Anzahl der aufgesetzten Dachlüfter entsprach der Anzahl der Abteile. Dieser Drang zur exakten Vorbildtreue führte dazu, dass für die Modellschnellzugwagen fünf verschiedene Dachvarianten gefertigt wurden.


TRIX EXPRESS Mitropa Speisewagen 20/163
(Produktionsausführung von 1939, mit Automatikkupplung und Gussdrehgestellblenden)

Beim Mitropa Speisewagen 20/163 wurde die unterschiedliche Anordnung der Dachlüfter über Speise- und Küchenraum berücksichtigt. Der Mitropa Schlafwagen 20/164 erhielt eine nochmals abweichende Dachlüfteranordnung und Fensterteilung. Alle Vorkriegs-Ausführungen dieser Wagen haben hellgraue Dächer und (bis auf den Packwagen) Dachlüfter aus gepresstem Blech. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden kleinere Lüfter aus Zinkguss verwendet, die auch auf den Weichenlaternen montiert waren. Bei den Mitropa-Wagen wurden Schriftzug und Linien goldfarben aufgedruckt.


Neben den fünf genannten Reichsbahn- bzw. Mitropa-Wagen wurden zusätzlich drei Farbvarianten in der Wagon Lit-Lithographie der internationalen Schlafwagengesellschaft CIWL hergestellt (Packwagen 20/165, Speisewagen 20/166 und Schlafwagen 20/167). Sie wurden dunkelblau mit goldfarbener Bedruckung hergestellt. Der Packwagen wurde meist ohne Dachkanzel geliefert.


Beim großen Vorbild fahren nicht nur Schnellzüge, ein großer Teil der Fahrgäste fährt nur kurze Strecken mit Personenzügen in die nächste Stadt. Auch hierfür wurde mit dem Einheitspersonenwagen der Reichsbahn ein typisches Modell gebaut. Der Wagen besitzt offene Übergänge wie das Vorbild, das unter dem Namen “Donnerbüchse” bekannt war.


Neben den neuen Schnellzug- und Personenwagen wurde auch eine Serie neuer zweiachsiger Güterwagen entwickelt. Auch sie wurden aus lithographiertem Blech hergestellt.


Das kürzeste neue Güterwagenmodell war der Niederbordwagen “Halle” 20/71 (mit Bremserhaus) bzw. 20/75 (ohne Bremserhaus). Er wurde auch mit Stoffplane und Bremserhaus unter der Nummer 20/76 angeboten. Das Bild zeigt etwas neuere Varianten des Wagens, die die ersten Prototypen der im Jahr 2010 neu gefertigten Jubiläumsplanen tragen.


Modell-Güterwagen

Es ist ein langgehegter Wunsch aller Eisenbahnmodell-Freunde, auch wirklich originalgetreue Güterwagen und Spezialwagen zu besitzen. TRIX hat diese Modellwagen bis in kleinste genau nachgebildet, richtig beladen und mit den Originalbeschriftungen versehen.

Sämtliche Modell-Güterwagen mit Preisen auf Seite 10 und 11.


Der Schienentransportwagen bekam die Katalognummer 20/72. Er besitzt ein Sprengwerk unter dem Wagenboden und einzeln aufgelötete Rungen.


Unter der TRIX EXPRESS Katalognummer 20/74 wurde der lange gedeckte Güterwagen mit Aufdruck “Kassel” vorgestellt, der aber aufgrund seiner baulichen Merkmale tatsächlich dem Gattungsbezirk Dresden entspricht. Er weist wie die meisten übrigen neuen Güterwagen ein Bremserhaus auf.


Der große Tankwagen 20/78 wurde zunächst mit dem Aufdruck BP OLEX geliefert. Er bekam auch ein Bremserhaus. Im folgenden Jahr wurden noch drei weitere Bedruckungsvarianten LEUNA, Standard-Esso und SHELL herausgebracht.


Die Neuheitenfülle wurde schließlich durch den großen Ecktunnel 20/295, die kleine Holzüberführung 20/299 (115 cm lang) und die große Holzüberführung 20/300 (230 cm lang) abgerundet. Sowohl der Ecktunnel als auch die beiden Holzüberführungen sind heute sehr selten, da sie in den Notzeiten nach dem Krieg als Brennholz verfeuert wurden.


Außerdem gab es noch eine Veränderung bei den Startpackungen:

Die Zugpackungen enthalten keine Schienen

Wir haben mit der unsachlichen, von der Spielzeugbahn herrührenden Packungsweise gebrochen. Züge und Schienen werden jetzt getrennt verpackt. Eine Serie eisenbahntechnisch richtiger Gleispackungen wird auf Seite 8 gezeigt. Jede Packung enthält das neue 96seitige “Handbuch für den TRIX-Eisenbahnbetrieb”.

Das erwähnte 1:90 – Handbuch des TRIX-Eisenbahnbetriebs ist es wert, in einem eigenen Artikel beschrieben zu werden.


Zum Liefertermin für die neue Modellserie wird im 1937-Katalog angekündigt:

Die neuen Modellfahrzeuge sind gegen Ende November (1937) lieferbar.


Das Beginn des Modellbahnzeitalters kann somit mit Herbst 1937 datiert werden. Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft 1937 war die komplette neue Modellserie lieferbar und wurde trotz der hohen Preise von den Kunden begeistert aufgenommen. TRIX EXPRESS hatte erneut einen wichtigen Meilenstein gesetzt.

Gustav Reder schreibt hierzu in seinem Standardwerk “Mit Uhrwerk, Dampf und Strom” (Ausgabe 1970) zum Beginn der Modelleisenbahn:

(Auf Seite 194 zur Einführung der TRIX EXPRESS-Bahn)

Die TRIX Eisenbahnen mit allen diesen Neuheiten und der sicheren Führung durch ein solides Gleis, das die Zahl der früher bei den alten Bing-Tischbahnen so häufigen Entgleisungen wesentlich verringern half, verbreiteten sich trotz ihres zunächst noch wenig naturgetreuen Aussehens rasch. Sie stellten den Anfang einer umwälzenden Entwicklung dar, die die Modelleisenbahn in Richtung auf die platzsparenden Kleinstspuren und auf immer besser der Wirklichkeit angepassten Fahrzeuge führen sollte.

(Auf Seite 196 zu Märklins Einbruch in die Tischbahnwelt)

1938 bahnte sich bei Märklin der Übergang vom Spielzeugstadium zur echten Modellbahn, wie wir sie heute kennen, an. In diesem Jahr erschien das Modell der Reihe 01 der Reichsbahn mit noch vereinfachter Heusinger-Steuerung und eine 1 C 1 Ellok in Anlehnung an die damals modernste Ellok der Reichsbahn Reihe E 18. Das Modell war nur mit drei statt vier Treibachsen versehen.



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