Bericht und Bilder: Peter Anderegg – 2014
Wie kam ich im 2005 als Sammler dazu, eine Modellbahn-Anlage zu bauen?
Als Sammler von altem/antikem TRIX hätte ich nie daran gedacht, eine Modellbahn-Anlage zu bauen. Mein erstes TRIX erhielt ich um 1960. Es war meiner Grossmutter gelungen, genügend COOP-Punkte (schweizerischer Lebensmittel-Großverteiler) zusammenzukriegen, für die es als Sparprämie die grüne 20/55 Elektrik-Lok Gleichstrom mit drei Plastik-Donnerbüchsen (eine davon in Rot) gab. Im Jahre 1978 begann ich MINITRIX N zu sammeln, welches ich 1980 gegen TRIX EXPRESS HO umtauschte. Mein Bestand an Schweizer Loks in N hatte etwa 30 Stück erreicht. Mit einem Wechsel in den doppelt so grossen Massstab HO könnte ich mich beschränken auf die Schweizer BLS Ae-4/4 E-Loks in grün und braun mit den dazugehörigen grünen Personenwagen.
Nun, es kam anders: Meine Sammel-Vitrine bedeckte bald eine Zimmerwand von der Decke bis zum Boden. So veränderte ich mein Sammelprinzip: Kam ein neues Stück in die Sammlung, musste ein anderes raus. Nur so liess sich der Platzbedarf in Grenzen halten. Dies führte auch zu einer grossen Qualitätsverbesserung meiner Sammlung. Lange ging das gut. Dann verschenkte ich meine Bücher, um noch mehr TRIX EXPRESS zeigen zu können! Und im Jahr 2004 brachte TRIX den Rheingold-Express heraus, meinen klaren Lieblingszug. Es war nicht mehr zu schaffen, meinem langjährigen Sammelkonzept treu zu bleiben. Der einzige Ausweg bestand darin, eine Modellbahn-Anlage zu bauen!
Bild 1: Rheingold-TEE-Zug von TRIX EXPRESS (Abschiedsmodell von TRIX EXPRESS im Jahre 2004)
TRIX oder nicht TRIX?
Baue ich meine Anlage in TRIX EXPRESS (3-Schienen) oder TRIX International (2-Schienen)?
Wie realistisch soll meine Modellbahn-Anlage sein? Wähle ich das 2- oder 3-Schienen-System? Aus welchem Blickwinkel beobachte ich die Züge? Stehe ich, drängt sich das realistischere 2-Schienen-System auf. Sitze ich, kann ich problemlos das 3-Schienen-System verwenden: die Züge fahren dann auf Augenhöhe vorbei, und ich sehe die Schienen von der Seite. Dazu können zwei Züge auf demselben Schienenkreis gleichzeitig eingesetzt werden. Aber die über Ebay zusätzlich erworbenen Rheingold-Wagen waren entgegen meiner Vermutung nicht in TRIX EXPRESS (3-Leiter), sondern in 2-Leiter-Ausführung. Mir fehlte die Lust, bei einem EXPRESS-3-Leiter-Betrieb alle Räder auszutauschen.
Dadurch wurde der Entscheid für das TRIX EXPRESS 3-Schienen-System eine echte Herausforderung. Kann ich TTR-(TRIX ENGLAND) Weichen ergattern, so fahren die Wagen problemlos im 2- oder 3-Leiter-Betrieb, aber eine Fahrt in der Gegenrichtung ist ausgeschlossen, da TTR-Weichen nicht aufgeschnitten werden können. Es war schlussendlich aussichtslos, an diese seltenen TTR-Weichen zu kommen, und mir fehlte das technische Geschick, deutsche in englische Weichen umzurüsten. So verzichtete ich bei meiner Modellbahn-Anlage auf jegliche Weichen. In der kleinen Durchgangs-Station deutete ich zwar Weichen an, indem ich die Schienen so anlegte, dass es wie eine Abzweigung wirkt, aber ohne Weichen. Dazu entschied ich mich für eine flache Linienführung ohne Steigungen, damit auch lange 2-Leiter-Personenwagen perfekt laufen.
Bin ich in der Lage, eine realistische Modellbahn-Anlage zu bauen? Und wird diese Anlage jemals fertig?
Mein nächstes Problem war, dass ich sehr wenig Zeit hatte. Ich suchte nach Möglichkeiten, mein Projekt zu beschleunigen. Warum nicht einfach als Hintergrund ein Bild nehmen? Nicht einfach. Die schönen Hintergrundkulissen von TTR aus dem Jahre 1939 waren längst vergriffen. Aber als Hintergrund könnte sich aber der deutsche TRIX EXPRESS-Prospekt aus 1952 eignen: Er zeigt die E94-Krokodillok mit den Supermodell-Güterwagen wie ESSO, BP, GASOLIN, SHELL, silberner ARAL, Bromberg und Köln. Also musste dieser Hintergrund auf meine Modellbahn-Anlage.
Bild 2: Die Pacific 20/57 und ihr Wagon-Lits-Schnellzug sind frühe TRIX MODELLE, der Zug dahinter (mit der 20/60 E94-Krokodillok) ist eine Zeichnung. Kaum zu glauben!
Gegen Ende 1937 hatte TRIX sein erstes modellgetreues Modell herausgebracht, die 20/57 Pacific nach dem Vorbild der Reichsbahn-BR 01 Dampflok. Ein Jahr später wurde die Pacific mit der Automatic-Entkupplung ausgestattet. Um deren Modelltreue herauszustreichen, fotografierte TRIX diese 20/59 Pacific zusammen mit dem 20/58 Diesel-Triebwagen vor einen Vorbild-Hintergrund.
Bild 3: Katalog-Titel 1938/39 mit TRIX EXPRESS-Neuheiten 20/58 Diesel-Triebwagen und 20/59 Pacific
Klar interessierte mich, vor welcher Kulisse die TRIX-Modelle stehen.
Bild 4: TRIX betitelt dieses Bild im TRIX EXPRESS-Dienst Nr. 5 von 1938: “Mit Trix Express am Rhein”
Es gilt die Regel, dass der Aufbau einer gutaussehenden und realistischen Modellbahn-Anlage der Gestaltung der Landschaft beginnt. Die Eisenbahn kommt dann dazu, wie in der Wirklichkeit. Fährt die Modellbahn wie hier dem Rhein entlang, so wird der Zug von der Flussseite her voll sichtbar!
Ich wählte als Hintergrund meiner Modellbahn-Anlage die romantische Stadt Oberwesel am Rhein.
Der TRIX-Hintergrund des Jahres 1938 ähnelt sehr der romantischen Stadt Oberwesel am Rhein. In den 1960-er Jahren fuhren die Vorbilder der beiden im Jahre 2004 als letzte in EXPRESS produzierten Zug-Sets, “Rheingold” (blau/beige) und “TEE Rheingold” (rot/beige), an dieser Stadt vorbei.
[ Bildquelle: Bildarchiv der Eisenbahnstiftung – 20774 – Nutzungsgenehmigung vom 14.12.2010 ]
Bild 5: SVT 06 104 als FT 38 (Dortmund – Nürnberg) auf der rechten Rheinstrecke gegenüber von Oberwesel. (1952) Foto: Carl Bellingrodt
Ich suchte mir ein geeignetes Bild, liess es vergrößern und schnitt es der Bahnlinie entlang in zwei Teile, um meine TRIX EXPRESS-Gleise einzufügen.
Bild 6: Detail meiner Modelleisenbahn-Anlage: die TRIX EXPRESS 20/57 mit ihrem Zug in Oberwesel
Wo baue ich meine Modellbahn-Anlage auf?
Das Dachgeschoss eignete sich nicht schlecht für eine Modellbahn-Anlage. Die senkrechten Wände sind 1.20 Meter hoch, dann beginnt die Dachneigung. Die Büchergestelle vor der Wand waren 80 cm hoch. Darin hatte ich nach Entfernung der Bücher bereits kleine TRIX EXPRESS-Dioramen aufgebaut.
Bild 7: Meine Modelleisenbahn-Anlage von 2005 im Dachgeschoss
Diese Auslegung erlaubte es, die Schienen von meinem Arbeitstisch aus auf Augenhöhe zu sehen. Die Züge fahren wie beim Vorbild durch die Landschaft.
Bild 8: Der TEE-Rheingold beginnt seine Reise in der Kurve links und durchfährt Oberwesel
Bild 9: Nach etwa 4 Metern Fahrt kommt eine Rechtskurve und die Bahnstrecke führt durch eine kleine Durchgangs-Station (von Kibri).
Bild 10: Der blau/beige-Rheingoldzug hat gerade das E94-Krokodil mit Güterzug überholt
Bild 11: Die E94 und der Güterzug stammen aus einem Prospekt und sind eine Kulisse …
Zum Gleisplan
Bild 12: Der Gleisplan meiner Modellbahn- Anlage war gemäß dem “Hundeknochen”-Prinzip angelegt.
Aber woher stammt der Hintergrund vom TRIX Katalog 1938/39?
Bild 13: Hintergrund vom TRIX Katalog 1938/39 und TRIX EXPRESS Dienst Nr. 5 von 1938 ?
Meine Modellbahn-Anlage zeigt die romantische Stadt Oberwesel am Rhein. Erst nachdem meine Anlage fertig war, fand ich heraus, dass auf dem Hintergrund von TRIX von 1938 die kleine Nachbarstadt von Oberwesel, Bacharach, dargestellt ist. Ich lag bei der Anlagenwahl sehr nahe …
Mein Freund Dieter Borchert aus Gütersloh erklärte mir die Herkunft des Namens Bacharach: Der Name stammt von Bacchus, dem römischen Weingott.
[ Bildquelle: Bildarchiv der Eisenbahnstiftung – 20774 – Nutzungsgenehmigung vom 14.12.2010 ]
Bild 14: 17 080 vom Bw Wiesbaden mit D 304 (Köln – Frankfurt/M) vor der historischen Stadtkulisse von Bacharach am Rhein. (1929) Foto: Werner Hubert
Hinter Bacharach sieht man die Weinberge. Im Mittelalter befand sich hier ein Kloster. Reste der gotischen Klosterkirche stehen noch heute. Die Mönche haben hier nicht nur gearbeitet und gebetet, sondern auch Reben kultiviert. Wir Schweizer kennen das Wort “Bache”, gleichbedeutend mit “sehr tief schlafen”. Vielleicht, wenn man vorher etwas viel getrunken hat? Warum nicht TRIX und ein Glas Wein…. und danach Träumen von einer neuen Modellbahn-Anlage. Man muss sie ja nicht unbedingt realisieren …
Diese meine erste Modellbahn-Anlage musste ich leider vor 1 Jahr abbrechen. Es tat weh, aber war aber halb so schlimm, da ich bereits vor 5 Jahren eine zweite aufgebaut hatte, wieder in EXPRESS, aber nun mit Weichen (Felix Menzi aus Frauenfeld hatte mir dazu geraten)!
September 2014, Peter Anderegg
Nachtrag vom November 2014
Unsere Geschichte über die TRIX-Modellbahn mit der Rheintalkulisse war ja noch nicht abgeschlossen. Wir waren weiter auf der Suche nach einem aktuellen Vergleichsbild von Bacharach. Aber wie das Leben so spielt, stehen oft andere Dinge mit höherer Priorität auf der Tagesordnung. So lag uns die große historische Modellbahnausstellung Berlin 2014 besonders am Herzen; und dann waren noch einige andere Dinge zu erledigen.
Bild 14: Zur Erinnerung – ein Ausschnitt aus dem Bild des TRIX EXPRESS-Dienstes Nr. 5 von 1938.
Irgendwann erinnerten wir uns wieder an diese Geschichte und an das fehlende aktuelle Bild mit der Stadtkulisse von Bacharach. Leider war es uns in diesem Jahr nicht möglich, mal schnell dorthin zu fahren und selber ein Bild anzufertigen. Glücklicherweise gibt es aber heute das Internet und das Telefon. Vielleicht könnte uns die Tourismusinformation in Bacharach helfen ? Vielleicht sollte man einfach mal dort anrufen ?
[ Bildquelle: Klaus Heidenreich, Bacharach ]
Bild 15: Die Rheinfront von Bacharach aufgenommen 2013, in Sepia-Ton umgewandelt
Gedacht – getan. Der Anruf führte zum Ziel. Die Tourismusinformation in Bacharach konnte helfen und vermittelte uns einen Experten aus Bacharach, der sich mit Heimatgeschichte beschäftigt und uns ein passendes Bild bereitstellen konnte.
[ Bildquelle: Klaus Heidenreich, Bacharach ]
Bild 16: Die Rheinfront von Bacharach in voller Farbenpracht 2013
Nun hat diese Geschichte einen schönen Abschluss gefunden. Auch von dieser Stelle nochmal herzlichen Dank an die Tourismusinformation in Bacharach und an Herrn Heidenreich für die Unterstützung.
[ Bildquelle: Ulla Heidenreich, Bacharach ]
Bild 17: Der Weingott Bacchus von Bacharach
Herr Heidenreich ergänzte noch eine Besonderheit der Weinstadt Bacharach. Da der Stadtname lange Zeit von Bacchus abgeleitet wurde, gibt es hier keine Weinkönigin, sondern den Weingott Bacchus als Repräsentant der Stadt. Heute geht man eher davon aus, dass der ursprüngliche Ortsname Baccaraccus aus dem keltischen stammt und in etwa „keltisches Landgut des Baccarus” bedeutet. Die alte Version ist aber schöner und wird auch immer noch auf den Schiffen über Lautsprecher erzählt.
Vielleicht verführen die Bilder dazu, sich in Bacharach in eine Weinstube zu setzen und an das Titelbild des TRIX EXPRESS Kataloges 1938 zu denken ? Dann gibt es viele nützliche Informationen auf der Internetseite der Tourismusinformation Bacharach.
Vielleicht möchte man sich auch tiefer mit der Geschichte von Bacharach und seiner Umgebung beschäftigen ? Dann sei ein Blick in die Internetseite des Geschichtsvereins Bacharach empfohlen.
November 2014 – Dieter Weißbach
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