Bericht und Bilder: Peter Anderegg – 2013
Ausgangsmodell für die Beschreibungen in Teil 2 ist der deutsche 20/58 Diesel-Triebwagen der DRG (Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft) auf Bild 11. Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung des von TRIX für TTR produzierten “Southern Electric”-Triebwagens (siehe Teil 1, Bild 1): Das Bodenblech wurde entzweigesägt und um ein Zwischenstück verlängert. Dazu kam erstmals eine Beleuchtung mit Lichtwechsel zum Einsatz:
Bild 11 – 20/58 Diesel-Triebwagen der DRG (Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft) 1937/38
LMS 20/58 Diesel Flyer
In Teil 1 meines Artikel “TRIX EXPRESS in der Schweiz: Spannende Entdeckungen” erwähnte ich, dass für mich als Trix-Sammler der September 2011 mein Glücksmonat war. Ich schrieb, dass ich einen 20/58 Diesel-Triebwagen fand in der LMS-Ausführung in Orange-Silber-Übermalung (LMS = London, Midland and Scottish Railway – Eisenbahngesellschaft). Bild 12 zeigt diesen seltenen LMS 20/58 Diesel-Triebwagen:
Bild 12 – LMS Diesel-Triebwagen
Zur leeren Holz-Präsentations-Schachtel “Bodensee”
Doch nun zurück zur Geschichte über die schweizerischen Abwandlungen des TTR “Southern Electric”-Triebwagens und des TRIX 20/58 Diesel-Triebwagens der DRG: Ihr erinnert euch an die leere Holz-Schachtel mit der Beschriftung “Bodensee”: Hier sind die zwei Befestigungslöcher zwischen den Schienen in demselben Längsabstand gebohrt wie beim 20/58 Diesel-Triebwagen. Aber in der Schweiz gab es nur wenige Diesel-Triebwagen.
So suchte ich nach Elektro-Triebwagen, die doch einigermassen verbreitet waren. Elektrotriebwagen kamen vor Allem zum Einsatz bei schweizerischen Privat-Bahnen. Mit “Bodensee” konnte zum Beispiel die normalspurige “Bodensee-Toggenburg-Bahn” (BT) gemeint sein. Diese Bahn verbindet in der Nordostschweiz den Bodensee mit dem Zürichsee (Romanshorn – St.Gallen – Rickentunnel – Rapperswil). Auf dieser Privatbahn ereignete sich 1926 ein schrecklicher Unfall: Im 8,6 km langen Rickentunnel blieb ein von einer Dampflok gezogener Güterzug stecken, und 9 Bahn- und Rettungsleute starben an einer Kohlen-Monoxid-Vergiftung. Darauf wurde der Tunnel elektrifiziert. Die BT erwarb sechs kleine BT Ce 4/4-Elloks (Bo-Bo) und zwei BT BCFe 2/4 Elektro-Triebwagen (Bo-2). Die sechs BT Ce 4/4-Elloks waren zur Modell-Umsetzung unter Verwendung eines “Southern-Electric”-Chassis zu kurz, aber die Proportionen des Elektro-Triebwagens BT CFe 2/4 entsprach inetwa dem 20/58 DRG Diesel-Triebwagen. Das verkürzte Modell würde als länger wahrgenommen, da es in zwei verschiedenen Grüntönen bemalt war. Für eine Modell-Konstruktion blieb aber ein Problem: Die beiden Mitteleinstiege reichten tief in das Chassis hinein und das Chassis würde beim Modell schwach. Also würde TRIX unter Berücksichtigung dieses negativen Umstandes einen solchen Elektro-Triebwagen nachbilden (siehe Bild 13)?
Bild 13 – BCFe 2/4 Elektro-Triebwagen der BT (Bodensee-Toggenburg-Bahn)
Projekt zum Nachbau eines Elektro-Triebwagens BT BCFe 2/4 als Bastelei
Ich ging davon aus, dass die oben gestellten Fragen nach dem “Bodensee” nie beantwortet werden. Es reizte mich, selbst ein Modell des BT BCFe 2/4 nachzubauen und auf einem 20/58-Chassis aufzubauen. Dazu machte ich zwei Konstruktionspläne:
– Plan A: Gehäuse-Länge im ungefähren Massstab 1:100, Rest des Modells in OO/HO, aber mit sämtlichen Fenstern analog der Ausführung des 20/58 DRG Diesel-Triebwagens (siehe Bild 14)
Bild 14 – Entwurf gemäss Plan A mit 15 Fenstern, inkl. Türen
– Plan B: Verkürztes Gehäuse mit Weglassen eines Fensters, dafür aber mit massstäblicher Fensterform und -grösse (siehe Bild 15)
Bild 15 – Entwurf gemäss Plan B mit 14 Fenstern, inkl. Türen
Persönlich gefiel mir Plan B besser.
Suche nach dem Trix BT BCFe 2/4: Schritt 1
Nun besuchte ich das Verkehrshaus in Luzern, wo viele schweizerische Züge im Massstab 1:10 ausgestellt sind. Ich wollte ein Modell des BT BCFe 2/4 oder andere denkbare neue Vorbilder finden und fotografieren. Ich verirrte mich sogar in die Museums-Bibliothek. Aber Elektro-Triebwagen waren in der Schweiz nie sehr populär (ausser der “Kult”-Triebwagen “Roter Pfeil”), so dass sie kaum oder dann nur schlecht dokumentiert wurden. Dennoch bestärkten mich meine Nachforschungen, dass ich bei der Vorbild-Vermutung nicht gross danebenlag. So war eigentlich alles klar, und der Nachbau konnte beginnen…. Aber meine Trix-Freunde kennen mich und meine 100 Gründe, warum ich dann dem Nachbau nicht in Angriff nahm: Zuviel schönes Wetter, Baden, Bergtouren, Radausflüge, dann zuviel Arbeit…, dann wieder Umzug (Nummer 3) meines Trix-Museums mit Werkstatt durch die halbe Schweiz….
Suche nach dem Trix BT BCFe 2/4: Schritt 2
Meine Trix-Freunde wissen aber auch, dass ich als Sammler sehr beharrlich bin. So lud ich den Besitzer der Modelle im Dezember 2011 zu einem “Wienerschnitzel” ein, um meinem Traum nachzuhelfen, vielleicht das fehlende Trix-Modell doch noch zu finden. Ich zeigte ihm meine Entwürfe des Elektro-Triebwagens und berichtete ihm über das Ergebnis meiner Nachforschungen. Er sagte, dass er sich wirklich an dieses Modell erinnern könne. Das Teil liege möglicherweise in einer der grossen Schachteln, wo er seine Modelle ohne Schachtel weggepackt hatte. Und nach dem Essen versprach er mir, demnächst in seinem Keller nachzusehen.
Dann hörte ich einige Monate lang nichts mehr. Im März fragte ich telefonisch über das Ergebnis der Suche nach. Aber er sagte mir, dass er noch keine Zeit gefunden hätte. So meldete ich mich erst Ende Mai wieder bei ihm: Wieder tat es ihm schrecklich leid, dass er immer noch keine Zeit finden konnte. Ich lud ihn als nächstes zum 20. Trix-Treffen von Jean-Patrick Enz in Zürich am 4. August 2012 ein, in der Hoffnung, er würde seine Suche vor diesem Datum beginnen. Aber er fand keine Zeit.
Suche nach dem Trix BT BCFe 2/4: Schritt 3
Also blieb mir nichts anderes übrig, als mit der leeren Holz-Schachtel “BODENSEE” am 4. August 2012 am 20. TRIX-Sommertreffen in Zürich teilzunehmen: Weder hatte ich meinen Nachbau (besser Bastelei) in Angriff genommen, noch war ich bei der Suche nach dem Original-Modell erfolgreich gewesen…. Ich erinnerte mich aber an meine Entwürfe und schraubte kurzerhand Plan B auf ein 20/58-Chassis (siehe Bild 16). So konnten meine TRIX-Freunde wenigstens erahnen, was möglicherweise einmal in der Schachtel “BODENSEE” gewesen sein konnte…
Bild 16 – Eindruck des BT BCFe 2/4, aufgeschraubt auf einem 20/58-Chassis
Suche nach dem Trix BT BCFe 2/4: Die grosse Überraschung
Am 20. August 2012, nachmittags, rief mich der Besitzer der Modelle plötzlich an. Ich solle unverzüglich zu ihm kommen, er hätte etwas für mich. Ich stieg sofort ins Auto und fuhr von Meiringen die 1,5 Stunden zu ihm. Und was er mir präsentierte, war genau das fehlende Trix Express-Modell des BT BCFe 2/4-Elektro-Triebwagens!
Als im 1999 das Geschäft seines Vaters liquidiert worden war, hatte eine Angestellte einen Posten Lehmann-Garten-Bahn (LGB)-Modelle in Spurweite G erworben. Und nun wollte sie diese Teile weiterverkaufen. So rief sie ihn an mit der Bitte, er möge dies für sie tun und brachte ihm eine grosse Schachtel voller verpackter Spur G-Modelle. Und zuoberst auf diesen LGB-Schachteln lag der TRIX BT BCFe 2/4 in Spur OO, Wechselstromausführung!
Ich dankte, borgte mir das TeiI aus und fuhr nonstop weiter zu Jean-Patrick Enz in Zürich, der mir half, das Wunder zu verstehen (siehe Bild 17).
Bild 17 – BT BCFe 2/4 im Entdeckungs-Zustand (20.8.2012)
Restaurierung des Trix BT BCFe 2/4
Ich reinigte das Gehäuse und das Chassis. Die beiden Grüntöne des Gehäuses kamen nun wieder gut zum Vorschein. Dann suchte ich mehrere Monate lang nach einem frühen 20/58 Diesel-Triebwagen als Ersatzteilspender, der gute Räder und intakte Drehgestell-Blenden hatte. Von den acht Original-Rädern ersetzte ich zwei, dazu die beiden frühen dünnen und nichtverstärkten 20/58-Drehgestell-Blenden mit der schwenkbaren Pufferbohle.
Die Pantografen bildeten eine spezielle Herausforderung, da sie aus sehr weichem Draht hergestellt waren, der sich immer wieder wegen dem Federdruck verbog. Nach den mir vorliegenden Informationen waren diese Pantografen in den 40er- und 50er-Jahren in der Schweiz als Ersatzteile erhältlich. Ob von Anfang an auf dem Modell oder nachgerüstet, weiss ich nicht. Auf der einen Seite hat es für die vier Befestigungs-Schrauben sechs Bohrungen im Dach, was vermuten lässt, dass da ursprünglich ein anderes schmaleres Teil war (eventuell ein funktionsloser schmalerer Pantograf wie bei den Trix-Modellen der SBB-Elloks Be 4/7 und Fe 4/4).
Bild 18 – Restaurierter BT BCFe 2/4, linke Seite
Bild 19 – Restaurierter BT BCFe 2/4, rechte Seite
Schlussgedanke
Mehr gibt es nicht zu berichten: Der Elektro-Triebwagen ist nun restauriert und wartet auf den Tag, wo TRIX EXPRESS wiedergeboren wird und dieses nette Schweizer Modell in Produktion nimmt!
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