Britische Signale – Einführung

© Text und Bilder: Dieter Weißbach, Berlin 2010


Ein britisches Formsignal Home-Signal „Lower Quadrant“ im Bahnhof Banbury, Juni 2010 im Einsatz.


In diesem Beitrag werden grundlegende Hinweise zur Bedeutung und zur Aufstellung der britischen Formsignale gegeben, wie sie ab ca. 1920/1925 verwendet wurden. Der Beitrag ist als Einführung zu verstehen, um den Tischbahnfreunden erste Hinweise zur korrekten Aufstellung der Signale zu geben.


Warum gibt es einen Artikel über britische Signale auf der TRIXSTADT-Seite ?

  • Es gab sehr enge Verflechtungen zwischen den deutschen und englischen Modellbahnherstellern. Die Firmen BING und TRIX sind an erster Stelle zu nennen, aber auch viele andere Nürnberger Spielzeugbahnhersteller haben für den britischen Markt produziert und dabei auch Signale nach britischen Vorbildern angeboten.
  • Außerdem können auf einer alten TRIX EXPRESS Tischbahnanlage natürlich auch die farbenfrohen TRIX TWIN RAILWAY Modelle der englischen Züge sehr gut eingesetzt werden; und hierzu bieten sich die Modelle der britischen Signale als sinnvolle Ergänzung an, um das charakteristische Bild der britischen Bahnen darzustellen.
  • Schließlich gab es bislang keine leicht verständliche Einführung im Internet, die in einem überschaubaren Umfang Grundlagen der britischen Signale vorstellt.


Die Experten werden um Verständnis gebeten, dass in dieser Einführung naturgemäß viele Feinheiten und Besonderheiten nicht berücksichtigt werden können, ohne den Rahmen zu sprengen. Ziel dieses Artikels soll es sein, Interesse für die britischen Signale zu wecken und nicht Einsteiger abzuschrecken.


Die Beispielbilder zeigen Guss-Signale der englischen Firmen Crescent, Hornby Dublo, Triang und TRIX TWIN RAILWAY. Das rollende Material stammt, wie auf dieser TRIXSTADT-Seite nicht anders zu erwarten, von TRIX TWIN RAILWAY.


0. Situation beim Vorbild

Das britische Signalsystem unterscheidet sich an einigen Stellen deutlich von dem in Deutschland üblichen System. Außerdem gab und gibt es eine Fülle von Ausnahmen und Sonderregelungen, die das Verständnis erschweren.

In Großbritannien existierten viele kleine und mittlere private Bahnunternehmen, die nicht nur für die Fahrzeuge, sondern auch für die Infrastruktur (die Bahnhöfe, die Strecken, die Kunstbauwerke und die Signalisierung) zuständig waren. Zum 1. Januar 1923 wurden diese Unternehmen zu vier großen Privatunternehmen, den „Big Four“ (LNER, LMS, GWR, SR) zusammengeschlossen. Besonders die GWR, die Great Western Railway, hielt lange und oft an eigenen technischen Lösungen fest.

Erst nach dem zweiten Weltkrieg zum 1. Januar 1948 erfolgte die Verstaatlichung der Privatunternehmen unter dem Dach der BR – British Railways. Dennoch blieben an vielen Stellen Infrastrukturanlagen der Vorgängerunternehmen bis in die heutige Zeit nahezu unverändert erhalten. Heute ist der Eisenbahnverkehr wieder privatisiert; viele Unternehmen bieten Personen- und Güterverkehrsleistungen im Wettbewerb an. Die Zuständigkeit für die Infrastruktur im ganzen Land liegt derzeit bei dem öffentlich-rechtlich organisierten Unternehmen Network Rail.


1. Linksverkehr

In Großbritannien herrscht nicht nur auf der Straße, sondern auch bei der Eisenbahn Linksverkehr. Der Lokführer hatte meist auf der linken Seite der Dampflokomotive seinen Platz. Daraus folgt, dass die Signale üblicherweise in Fahrtrichtung links vom Gleis oder über dem Gleis angeordnet waren. Die Signalflügel weisen ebenfalls nach links. Es gibt keine Hinweistafel (ähnlich der deutschen Schachbretttafel), wenn das Signal an anderer Stelle als üblich steht.


2. Grundformen der britischen Formsignale „Semaphore Signals“

Bei den britischen Formsignalen „Semaphore Signals“ werden zwei Grundformen verwendet:

  • Das Stop Signal oder Home Signal ist bedingt mit dem deutschen Hauptsignal vergleichbar und gibt die Einfahrt in den Gleisabschnitt direkt hinter dem Signal frei. Im Bereich eines Stellwerks Signal Box kann es pro Gleis und Fahrtrichtung mehrere Stop bzw. Home Signals hintereinander geben, die entsprechend ihrer Position besondere Namen bekommen. Der Signalflügel ist rechteckig. Er ist auf der Vorderseite rot mit einem weißem Balken lackiert; auf der Rückseite weiß mit einem schwarzen Balken.
  • Das Distant Signal ist bedingt mit dem deutschen Vorsignal vergleichbar und zeigt die Signalstellung am folgenden Home Signal (bzw. an mehreren aufeinander folgenden Home Signals) an. Es steht im Bremswegabstand vor dem (ersten) Home Signal. Im Bereich eines Stellwerks Signal Box gibt es pro Gleis und Fahrtrichtung in der Regel nur ein Distant Signal (Ausnahmen kann es insbesondere bei Streckenverzweigungen geben). Der Signalflügel ist rechteckig und am Ende V-förmig eingeschnitten „Fishtailed Arm“. Er ist auf der Vorderseite gelb mit einem schwarzen liegenden V lackiert, auf der Rückseite weiß mit einem schwarzen liegenden V.

Wenn das „Distant Signal” den Signalbegriff „ON” (Halt) zeigt, muss in dem vom Stellwerk kontrollierten Abschnitt mit einem Haltbefehl gerechnet werden. Der Lokführer weiß nicht, welches „Stop Signal” Halt zeigen wird. Er muss entsprechend seine Geschwindigkeit reduzieren und bremsbereit sein, damit er bereits am ersten „Stop Signal” anhalten kann. Zeigt das „Distant Signal” den Signalbegriff „OFF”, ist die Fahrt durch den gesamten von Stellwerk kontrollierten Abschnitt ohne Haltbefehl durchfahrbar.

In dieser Einführung wird nachfolgend der Begriff Home Signal verwendet, weil dieser Begriff weiter verbreitet ist. Fachlich korrekt wäre aber der Überbegriff Stop Signal. Je nach Anordnung des Stop Signals wird es in Fahrtrichtung gesehen als Outer Home, Intermediate Home, Inner Home, Starter, Advanced Starter oder Outer Advanced Starter Signal bezeichnet. Die Modellbahnhersteller haben nur den Begriff Home Signal verwendet; in der Fachliteratur wird oft nur von Semaphores gesprochen.

Die britischen Formsignale werden vom Stellwerk aus durch Seilzüge bedient, wie auch in Deutschland üblich. Die maximale Länge der Seilzüge beträgt rd. 1.200 Yards (1 Yard = 0,9144 m). Wird die maximale Länge überschritten, müssen weitere Stellwerke errichtet werden.

Die britische Weichen werden hingegen (sogar oft noch heute, wie die Bilder aus Banbury belegen) durch Gestänge gestellt, hierbei beträgt die maximale Länge rd. 350 Yards. Deshalb müssen bereits in mittleren Bahnhöfen zwei Stellwerke angeordnet werden. In Ausnahmefällen wurden für einzelne Weichen elektrische Stellantriebe „Power Points” vorgesehen, wenn dadurch ein zusätzliches Stellwerk eingespart werden konnte. Die Antriebe waren damals noch sehr teuer und auf vielen Stellen der Strecken war keine Stromversorgung verfügbar.


3. Die britischen Signalbegriffe „ON“ und „OFF“

Die britischen Signalbegriffe ähneln den deutschen Begriffen, es gibt aber ein etwas anderes Grundkonzept.

  • Der britische Signalbegriff „ON“ wird mit einem waagerecht nach links zeigenden Signalflügel dargestellt. Er ist bedingt vergleichbar mit dem deutschen Signalbegriff „Halt” oder „Halt erwarten“. Der Signalbegriff „ON“ wird gezeigt, wenn der Zug anhalten soll.
  • Der britische Signalbegriff „OFF“ wird mit einem um 45 Grad geneigten nach links unten bzw. links oben zeigenden Signalflügel dargestellt. Er ist bedingt vergleichbar mit dem deutschen Signalbegriff „Fahrt frei“ oder „Fahrt frei erwarten“. Der Signalbegriff „OFF“ wird gezeigt, wenn keine Gefahr für die Fahrt des Zuges besteht.

Beim Signalbegriff „OFF“ sind die beiden historisch entstandenen Varianten „Lower Quadrant“ und „Upper Quadrant“ zu unterscheiden.

  • Für den Signalbegriff OFF wurden die Signalflügel ursprünglich um 45 Grad nach unten gesenkt: „Lower Quadrant“. Dies war seit ca. 1870 die Standardausführung in Großbritannien.
  • Erst 1924 wurde der „Upper Quadrant“ bei den Bahngesellschaften LNER, der LMS und der SR (nicht bei der GWR !) eingeführt, nun wurden die Signalflügel um 45 Grad nach oben angehoben.

Die „Upper Quadrant“-Signale wurden eingeführt, damit die Flügel bei Schäden an den Drahtzügen (gerissener oder abgesprungener Zugdraht) durch das Gewicht des Signalflügels grundsätzlich in den Zustand „ON“ (Halt) zurückfallen. Bei den „Lower Quadrant“-Signalen besteht die Gefahr, dass sie bei Schäden an den Drahtzügen weiterhin den Zustand „OFF“ (Fahrt frei) zeigen. Bei späteren „Lower Quadrant“-Signalen wurde Gegengewichte montiert, um diesen Fehler zu beheben.

Die Umstellung auf die „Lower Quadrant”-Variante erfolgte aber nur bei größeren Um- und Neubauten, an vielen Stellen haben sich Signale der älteren Variante erhalten. Im Gebiet der Western Railway sind noch heute vielfach Formsignale der Variante „Lower Quadrant“ im Einsatz; sie werden sogar teilweise noch neu eingerichtet (2009 im Bahnhof Truro).

Im Bereich eines Stellwerks sollte nur eine der beiden „Lower/Upper Quadrant“ Varianten verwendet werden. Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel, z.B. wenn in einem Stellwerksbereich die Strecken von zwei Bahngesellschaften zusammentreffen (hierfür gibt es noch heute Beispiele in Fenny Compton oder in Shrewsbury).

Die britischen Formsignale unterscheiden sich weiterhin im Material des Mastes (Holzpfosten, Stahlrohr, Stahlprofil, Stahlfachwerk, Betonmast), in der Form des Mastes (rund oder eckig) und in der Mastspitze (hier gibt es u.a. Kugeln, Kegelspitzen und Kombinationen von beiden).

Der deutsche Signalbegriff „Fahrt frei mit Geschwindigkeitsbegrenzung” existiert im britischen Signalwesen nicht.


4. Einfache Formsignale für Verzweigungen „Junction Signals”

In Deutschland gibt es für Verzweigungen, Abzweige usw. ein gemeinsames Formsignal mit unterschiedlichen Signalbegriffen (Halt, Fahrt frei ohne Geschwindigkeitsbegrenzung, Fahrt frei mit Geschwindigkeitsbegrenzung).

Im britischen Signalsystem hingegen gibt es für jede Verzweigungsmöglichkeit (ähnlich der deutschen Fahrstraße) ein eigenes Signal. Dies führt zu den für deutsche Eisenbahnfreunde ungewohnten Signalbäumen, die in Großbritannien als Junction Signals bezeichnet werden.

Üblicherweise ist das Signal für die geradlinige Fahrstraße am höchsten angeordnet; die Signale für die Abzweige werden etwas niedriger links oder rechts davon montiert.

Das Bild oben zeigt ein Junction Signal mit zwei Signalen – Ausführung „Upper Quadrant”. Der Zug darf in den rechten Abzweig einfahren und kreuzt dabei das Gegengleis.


5. Formsignale für komplizierte Verzweigungen „Junction Signals”

Die Signalbäume an Abzweigen können sehr komplex werden. Hier ist noch ein Junction Signal Triple Arm mit drei Signalen abgebildet; Ausführung „Lower Quadrant”. Der Zug darf in den linken Abzweig einfahren.

Wenn vom Stammgleis mehrere Gleis nach links (oder rechts) abzweigen, können an einem Mast auch mehrere Signalflügel nach links (oder rechts) übereinander angeordnet sein. Diese Variante ist aber nur bei Rangierbahnhöfen zulässig.

Weiterhin gibt es „Co-Acting Signals”, bei denen an schwer einsehbaren Stellen (z.B. bei Brücken) gekoppelte Flügel doppelt angebracht waren (an der Spitze und im unteren Bereich des des Mastes).


6. Signalbrücken „Signal Gantrys”

Signalbrücken „Signal Gantrys” werden im britischen Signalsystem häufig verwendet. Das obige Beispiel zeigt eine noch recht enfache Signalbrücke über einer zweigleisigen Strecke (Hersteller Crescent, Zinkdruckguss). In der Mitte sind zwei Home Signals angeordnet (Variante „Lower Quadrant”), außen auf etwas niedrigeren Masten zwei Distant Signals. Hier stellt sich allerdings die Frage, warum die Distant Signals auf eigenen Masten seitlich nach außen gesetzt wurden.

In der Realität konnten die Signalbrücken bezüglich Breite und Anzahl der Masten und Signalflügel beeindruckende Ausmaße annnehmen.


7. Bahnübergänge „Level Crossings”

Bahnübergänge „Level Crossings” sind mit weißen Toren und roten Scheiben ausgestattet, die im Grundzustand die Straße sperrten. Auf beiden Seiten des Bahnübergangs sind Home Signals angeordnet, die in diesem Fall die Stellung „OFF“ (keine Gefahr für den Schienenverkehr) einnehmen. Dies ist auch bei eingleisigen Strecken üblich, wenn die beiden Signale nur den Bahnübergang absichern und nicht direkt in den Streckenblock zwischen zwei Bahnhöfen integriert sind. Es gibt aber auch Bahnübergänge, die in die Zugsicherung eines Stellwerkes integriert sind, wie dies beim oben dargestellten Beispiel angenommen wurde: Der Bahnübergang befindet sich kurz vor einem Bahnhof, der Zug darf den Bahnhof aus Sicht der Zugsicherung ohne Halt durchfahren (vermutlich wird er aber trotzdem halten, weil er dort einen Fahrplanhalt hat).

Zum Freigeben des kreuzenden Straßenverkehrs über die Gleise werden die Tore für kurze Zeit über die Gleise geschwenkt. Der Schienenverkehr wird dann mit „ON“ zeigenden Home Signals zum Halten gezwungen. Falls der Bahnübergang nicht von einem Stellwerk aus bedient wird, muss sich der Bahnübergangswärter dazu aber mit den beiden benachbarten Stellwerken abstimmen.

Bei Bahnübergängen mit starkem Straßenverkehr und seltenem Schienenverkehr konnten die Tore auch im Grundzustand die Schienenstrecke sperren.


8. Literaturhinweise

In Großbritannien können viele Fachbücher zum britischen Signalwesen direkt oder über eine Online-Auktionsplattform erworben werden. Das Stöbern im Internet lohnt sich.

Als Beispiele werden nachfolgend einige Bücher genannt:

  • Traditional Signalling, A Brief Design History
    Michael A. Vanns 2001, Ian Allan Publishing, ISBN 978-0-7110-2811-7
    Das Buch beschreibt ausführlich die unterschiedlichen Bauformen der Signalanlagen der einzelnen Bahngesellschaften. Es geht allerdings nicht auf die Aufstellung der Signale und die Bedeutung der Signalbilder ein.
  • Two Centuries of Railway Signalling
    Geoffrey Kichenside and Alan Williams 1997 (1st Ed.) / 2008 (2nd Ed.)
    Ian Allan Publishing, ISBN 978-0-86093-618-3
    (Kurzbeschreibung folgt)
  • Signalling Development in Colour
    Robert Henry 2009, Ian Allan Publishing, ISBN 978-0-7110-3362-7
    (Kurzbeschreibung folgt)
  • Railway Signalling and Track Plans
    Bob Essery 2007, Ian Allan Publishing, ISBN 978-0-7110-3215-6
    (Kurzbeschreibung folgt)


9. Weiterführende Internetseiten

Wer sich weiter über das Thema Britische Signale informieren will, findet hierzu viele Seiten im Internet. Zu empfehlen sind folgende Internetseiten:


9.1 http://www.railsigns.co.uk

Wichtige Informationen gibt es auf den Unterseiten:

  • Section 2 Main Signals, Page 5
  • Section 6 Junction Signals


9.2 http://www.signalbox.org


Man muss allerdings bei allen Internetseiten beachten, dass man sich als Einsteiger nicht von der Fülle der unterschiedlichen Sonderformen und Varianten der einzelnen Bahngesellschaften „erschlagen“ lässt.


9.3 Britisches Bahnforum

Der Dank gilt an dieser Stelle den Forumsmitgliedern, die mit ihren Hinweisen zum Gelingen dieser Einführung beigetragen haben.



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