1941 – kriegsbedingtes Ende der Spielzeugproduktion


Bislang liegt der genaue kriegsbedingte Zeitpunkt der Einstellung der TRIX EXPRESS Modellbahnproduktion noch im Dunkeln.

Es ist eine „Ladenpreisliste 1940/41“ mit Druck-Code 1140 (November 1940) bekannt, in der noch das komplette Sortiment des Kataloges 1939/40 gelistet ist.


Im Januar 1941 schickte TRIX an die Händler ein Rundschreiben mit folgendem Inhalt:

Erhöhter Einsatz unserer Gefolgschaft für vordringliche Arbeiten zwingt uns, das Fabrikations-Programm unserer Trix- und Trix-Expreß-Artikel ganz bedeutend zu vereinfachen.
Im besten Fall werden wir in diesem Jahre die in mitfolgender Preisliste verzeichneten Artikel herstellen.
Um nun die Verteilung dieser Waren gerecht vornehmen zu können, richten wir an Sie eine Bitte: Schenken Sie uns Ihr Vertrauen, durch Ausfüllen des nachstehenden Abschnittes, womit Sie uns bestätigen, daß Sie damit einverstanden sind, wenn wir Ihnen für dieses Jahr Zuteilungen im Rahmen Ihrer Bezüge in den Jahren 1939 bzw. 1940 nach unserer Wahl machen und schicken Sie uns denselben sofort ein.
Wir geben Ihnen die Zusicherung, daß wir Sie dann so gut als irgendwie möglich bedienen werden.

Es folgte der zeitgenössische Gruß. Weiterhin war eine Karte mit dem Betreff “Reparaturdienst” beigefügt. Dort hieß es:

Der durch die derzeitige Lage bedingte Facharbeitermangel macht es uns unmöglich, unsere Reparaturabteilung aufrecht zu erhalten. Wir müssen dieselbe daher bis auf weiteres schließen.
Aus diesem Grunde bitten wir Sie, von Einsendungen reparaturbedürftiger Artikel Abstand zu nehmen. Sobald es uns die Umstände erlauben, diese Maßnahme rückgängig zu machen, werden wie Sie sofort hiervon verständigen.


Ein besonderes Zeitdokument ist die diesem Rundschreiben beigefügte Ladenpreisliste der im Jahre 1941 voraussichtlich lieferbaren Artikel. Hier sind neben dem vollständigen Schienensortiment nur noch zwei Lokomotiven (20/52 und 20/56), vier Güterwagen (20/71, 20/72, 20/74, 20/78), ein Personenwagen (20/114) und die fünf langen D-Zugwagen (20/161, 20/162/1/2, 20/162/3, 20/163 und 20/164) aufgeführt. Weiterhin sind die erst 1939 erschienenen elektrischen Signale (20/207, 20/209 und 20/210) genannt. Recht umfangreich sind die Holz- und Blech-Gebäude aus der Zusammenarbeit mit Kibri (20/289 ff). Hier tauchen auch Artikelnummern auf, die bislang nicht in TRIX EXPRESS-Katalogen verzeichnet waren, wie z.B. die beiden Lokschuppen-Varianten 20/314 und 20/316 (vermutlich ein- und zweiständige Versionen des zweiständigen Kibri-Lokschuppen 0/49/58).

Ladenpreisliste_1941_1

Auf der zweiten Seite der Ladenpreisliste wurden die TRIX EXPRESS Ersatzteile und ein Grund- und ein Zusatzkasten des TRIX-Metallbaukasten angeboten. Am Ende der Liste folgt der Vermerk:

Alle in dieser Liste nicht angeführten Nummern sind in diesem Jahre nicht lieferbar.


Spätere Dokumente über die TRIX-Modellbahnproduktion sind derzeit nicht bekannt.

Die Rüstungsproduktion bei den Spielzeugfirmen begann schrittweise, letztlich auch um die zwangsweise vollständige Einstellung der Spielzeugfertigung (durch angedrohte Betriebsschließung, durch mangelnde Zuteilung von Material, durch Umsetzung der Arbeitskräfte) zu umgehen. Es ist anzunehmen, dass TRIX im Laufe des Jahres 1941 nur noch kriegswichtige Produkte herstellte. Mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22.06.1941 stieg der Bedarf an Rüstungsgütern massiv an. Der Mitbewerber Märklin konnte noch bis mindestens 1942 Modelleisenbahnen produzieren. Spätestens nach der Berliner Sportpalastrede von Joseph Goebbels vom 18.02.1943, in dem das deutsche Volk angesichts der drohenden Niederlage auf den totalen Krieg eingeschworen wurde, dürfte die deutsche Spielwarenproduktion zugunsten der Rüstungsproduktion eingestellt worden sein – ausgenommen die Spielwarenproduktion für den Export in neutrale Länder.

Es ist bislang auch nicht belegbar, ob im TRIX-Werk 1941 und später ein kleinerer Anteil der Spielzeugproduktion für den Export weitergeführt wurde. So ist bekannt, dass die Spielzeugproduktion bei anderen Firmen noch deutlich länger lief, um Waren für den Export in neutrale Staaten (Schweiz, Schweden) zu bekommen. Damit konnten Devisen erwirtschaftet oder kriegswichtige Materialien oder gar Waffen bezogen werden.


Der britische Markt wurde ab Mitte/Ende 1936 mit den englischen TRIX TWIN-RAILWAY-Produkten versorgt. Es gab allerdings noch eine Lieferung von Lokomotiv-Fahrgestellen vom deutschen zum britischen TRIX-Werk, die dort mit landestypischen Gehäusen ausgestattet wurden. Mit dem Verkauf des TRIX-Werkes vom jüdischen Gründer Stefan Bing an Ernst Voelk wurden diese Lieferungen festgeschrieben. Mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 dürften diese Lieferungen nach Großbritannien abgebrochen worden sein. In diesem Kaufvertrag war auch festgelegt, dass TRIX London nur den britischen Markt einschließlich der britischen Kolonien beliefern durfte.

Der US-Markt wurde vor dem Krieg meist über den New Yorker-Spielwarenhändler F.A.O. Schwarz beliefert, von ihm sind eigene TRIX-Faltblätter von 1937/38 und von 1938/39 bekannt. In diesen Faltblättern sind neben Gebäuden aus der Kibri-Produktion sowohl deutsche TRIX EXPRESS-Produkte (u.a. eine amerikanische Variante der 2 C 1-Schnellzuglokokomotive 20/57) als auch britische TRIX TWIN RAILWAY-Produkte (u.a. die vierachsigen Güterwagen nach amerikanischen Vorbildern) angeboten. Es gibt eine Firmenchronik, wonach sich F.A.O. Schwarz bereits Anfang 1939 entschieden hatte, keine deutschen Spielwaren mehr zu beziehen. Es gibt aber auch andere Sammleraussagen, wonach z.B. neue Märklin-Artikel noch 1941 in den USA erhältlich waren.


Rudolf Insam wurde 1971, kurz vor seinem Tod, von der österreichischen Zeitschrift Die Modelleisenbahn (Bohmann-Verlag, Wien) interviewt. In der Ausgabe vom August 1971 ist auf Seite 85 (A31) folgendes hierzu wiedergegeben:

Die vor Insams Eintritt in die Firma TRIX (redaktionelle Ergänzung: der Eintritt erfolgte zum 01.01.1939) so vielversprechend begonnene Entwicklung – es sei nur an das für damalige Zeit einmalige Modell der Dampflok BR 03 erinnert – wurde durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges jäh unterbrochen. Um Belegschaft und Arbeitsräume erhalten zu können, musste auf Rüstungsfertigung umgestellt werden. Während des Krieges wurden feinmechanische Geräte für die Luftwaffe erzeugt. Das Positive dieser Epoche sah Insam darin, daß nach Beendigung des Krieges ein kleiner Mitarbeiterstab zur Verfügung stand, der wirklich präzise zu arbeiten gelernt hatte. Die Rüstungsfertigung verlangte selbstverständlich rigorose Einhaltung gegebener Toleranzen.


Hans Zschaler schreibt in dem im Jahr 2000 herausgegebenen Buch TRIX – Vereinigte Spielwarenfabriken – Teil 1 im Kapitel “Die Kriegszeit” auf Seite 48:

1941 kam das vorläufige Aus für die Spielwarenherstellung in Deutschland und somit auch für die TRIX Spielwarenproduktion. Der Zweite Weltkrieg ging ins dritte Jahr und so musste auch TRIX auf die Produktion von Rüstungsgütern, in diesem Fall thermoelektrische Geräte für die Wehrmacht, umstellen.


Im gleichen Buch ist auf Seite 49 ein Bild vom Januar 1943 abgedruckt, dass Hermann Göring neben Rudolf Insam an einer großen TRIX EXPRESS-Anlage zeigt. Die Anlage wurde Göring zu seinem 50. Geburtstag aus dem Privatbesitz von Ernst Voelk übergeben, Insam gab die technische Einweisung.


Ebenfalls Anfang 1943 wurde die Rüstungs-Produktion im TRIX-Werk aus dem Nürnberger Stadtgebiet nach Spalt (im Südwesten von Nürnberg, rd. 30 km vom Stadtzentrum entfernt) verlagert, um den zunehmenden Bombardierungen der Alliierten auszuweichen.



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