19. TEB-Stammtisch 07.01.2012 (Fahrzeugausstellung 1949)

Bericht und Bilder Dieter Weißbach


Am 07.01.2012 konnten wir uns wieder in den Räumen der GHO – Gustav-Heinemann-Oberschule vor der großen Modulanlage der Schüler AG treffen. Die Schüler hatten extra einen Fahrtag eingerichtet. Vielen Dank nochmal an alle Beteiligte.

Die Themen unseres 19. Berliner TRIX EXPRESS-Stammtisches waren eine inszenierte “Leistungsschau des deutschen Lokomotivbaus 1949” und die Vorstellung der Weihnachtsgeschenke (oder der eigenen Erwerbungen) der Stammtischfreunde.


Die Leistungsschau des deutschen Lokomotivbaus 1949 fand im Spätsommer 1949 auf dem alten Güterbahnhof von TRIXSTADT-Süd statt. Hier ist eine Luftaufnahme des neuen Ausstellungsgeländes.


Die Fahrzeugausstellung war gut besucht, vor dem Eingang bildete sich eine lange Schlange. Ein kleiner Teil der Besucher konnte bereits mit dem eigenen Pkw anreisen, auf dem Parkplatz standen einige Personenkraftwagen der gehobenen und oberen Klasse. Im Hintergrund sind bereits die ersten Ausstellungsstücke zu sehen.


Die meisten Besucher waren Mitte 1949 finanziell nicht so gut ausgestattet und kamen mit der Bahn. Hierfür wurde am Messegelände ein neuer Bahnhof eingerichtet. Die Verbindung zum Bahnhof TRIXSTADT-Süd stellte ein kleiner Pendelzug von Technikus Express her.


Der Dieseltriebwagen von Technikus Express war einer der herausragenden Züge der Fahrzeugschau. Wie aber passt dieser sehr amerikanisch aussehende Dieseltriebwagen auf eine deutsche Lokomotivausstellung im Spätsommer 1949 ? Die Firma Märklin hatte mit dem bereits im Jahr 1948 vorgestellten Elektrotriebwagen ST 800 und mit der in diesem Jahr 1949 erstmals ausgestellten elektrischen Doppellokomotive DL 800 ebenfalls zwei sehr amerikanisch inspirierte Fahrzeuge im Programm.


Auch im Böttchers Modellbahnen-Welt, Prospekt 68 vom Mai 1949, nimmt das Thema amerikanische Lokomotiven breiten Raum ein. Das Titelblatt zeigt eine nagelneue dreiteilige Diesellokomotive des Typs EMD F7 in den Farben der Burlington. Im Innenteil des Böttcher-Heftes wird über den Dieseltriebwagen von Technikus Express auf drei Seiten berichtet.

Wie erklärt sich diese Häufung von Modellen amerikanischer Züge bei den deutschen Modellbahnherstellern nur vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ?

Zum besseren Verständnis ist ein Blick auf die Geschichte nach Kriegsende hilfreich:

Die Amerikaner in Deutschland 1945 – 1949

von der Besatzungsmacht zur Schutzmacht

Die Vereinigten Staaten von Amerika waren der größte Kriegsgegner des Deutschen Reiches. Mit ihrer gewaltigen Rüstungsproduktion konnten die USA in wenigen Jahren eine überwältigende Streitmacht aufbauen, die zusammen mit den anderen alliierten Truppen aus Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion die faschistische Wehrmacht aus den besetzten Ländern Europas zurückdrängte und damit wesentlich zur bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht zum 8. Mai 1945 beitrug.

Die vier genannten Alliierten teilten das Reichsgebiet in den Grenzen von 1937 (abzüglich von Gebietsteilen östlich der Oder-Neiße-Linie) in vier Besatzungszonen auf. Das Stadtgebiet von Berlin wurde ebenfalls in vier Sektoren aufgeteilt. Nach den Erfahrungen des Ersten und des Zweiten Weltkriegs bestand ursprünglich die Absicht der Alliierten, die deutsche Industrie durch Demontagen und Firmenauflösungen so zu schwächen, dass Deutschland nicht mehr in der Lage sein würde, einen weiteren Krieg zu beginnen.

Bald setzte bei den Westalliierten ein Sinneswandel ein. Einerseits fürchtete man, dass eine selbstständige Versorgung der deutschen Bevölkerung nach einer Zerschlagung der deutschen Wirtschaft nicht möglich sein würde und dies auf Dauer erhebliche finanzielle Belastungen durch Versorgungslieferungen für die Siegermächte bedeuten würde. Deshalb wurde mit dem Marshallplan ein Wirtschafts-Wiederaufbauprogramm aufgelegt. Andererseits traten erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion immer stärker zu Tage. Die Sowjetunion hatte im Zweiten Weltkrieg ebenfalls eine große Armee aufgebaut und verfolgte nun zielstrebig die Absicht, ihren Machtbereich auszubauen. Dies wurde von den Westalliierten mit großer Sorge betrachtet. Zum endgültigen Bruch zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion kam es mit der Einführung der D-Mark als Ersatz für die wertlos gewordene Reichsmark in den drei Westzonen Deutschlands am 21. Juni 1948 und in den drei Westsektoren Berlins am 24. Juni 1948.

Am Morgen des 24. Juni 1948 blockierte daraufhin die Sowjetunion die Schienen-, Straßen- und Wasserwege zwischen den drei Westzonen Deutschlands und den drei Westsektoren Berlins. Auch die Stromlieferung vom Kraftwerk Zschornewitz in den Westteil Berlins wurde eingestellt. Die Berliner Blockade dauerte fast ein Jahr. Die Westalliierten reagierten mit der Berliner Luftbrücke, mit der die Versorgung der Bevölkerung in den Westsektoren nach großen Anlaufschwierigkeiten aufrecht erhalten werden konnte. Die größte Tagesleistung der Luftbrücke wurde am 15. April 1949 mit 1.398 Flügen und 12.849 Tonnen erreicht. rd. Am 12. Mai 1949 endete die Berliner Blockade und damit die erste Konfrontation im Kalten Krieg zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion.

Mit der Luftbrücke änderte sich das Bild der Westalliierten, besonders der USA, aus Sicht der westdeutschen und besonders der westberliner Bevölkerung. Aus den einstigen Kriegsgegnern und Besatzern waren Schutzmächte geworden, die einen gewaltigen Aufwand trieben, um die sowjetische Blockade niederzuringen und nun von der Bevölkerung begeistert gefeiert wurden.

Der amerikanische Einfluss im deutschen Alltagsleben nahm in den Folgejahren immer weiter zu und damit auch das Interesse an amerikanischen Produkten.


Der Dieseltriebwagen von Technikus Express wurde im Westteil Berlins während der Blockade durch die Sowjetunion 1948/49 entwickelt. Der elektrische Triebwagen ST 800 von Märklin (Firmensitz Göppingen, US-Zone) wurde bereits im Jahr 1948 vorgestellt. Die Zuspitzung des Ost-West-Konfliktes zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion ab Juni 1948 führte bei den Modellbahnherstellern zur Einführung amerikanischer Modelle. Einerseits stieg das Ansehen in der westdeutschen Bevölkerung für amerikanische Produkte, andererseits erhofften sich die deutschen Modellbahn­hersteller aber auch Absatzmöglichkeiten in den USA.

Soweit die Abfolge der bekannten historischen Entwicklung. Aber steckt noch mehr dahinter ?


Alliierter Korridorverkehr Berlin – Hannover
– eine historische Fiktion aus der Sicht Mitte 1949 (kursiv) –

Die Unterbrechung der Verkehrsverbindungen zwischen den damaligen Westsektoren Berlins und den Westzonen Deutschlands vom 24. Juni 1948 bis zum 12. Mai 1949 führte bereits im Sommer 1948 zu ersten Überlegungen, eine freie und unbehinderte Schienenstrecke unter der Aufsicht der Westalliierten einzurichten. Es konnte zwar im Frühjahr 1949 nachgewiesen werden, dass eine dauerhafte Versorgung der Westsektoren Berlins aus der Luft mit Tagesleistungen bis zu 12.000 Tonnen und mehr möglich war. Langfristig waren aber die hohen Kosten der Luftbrücke nicht politisch vertretbar. Aus diesem Grund sollte auf der Fernstrecke Berlin Lehrter Bahnhof – Staaken – Oebisfelde – Lehrte – Hannover, die weitgehend durch dünn besiedeltes Gebiet der Ostzone führte, ein freier Korridorverkehr unter westalliierter Kontrolle eingerichtet werden. Im Süden der Stadt Stendal sollte eine Ortsumgehungsstrecke gebaut werden; die ohnehin durch den Krieg beschädigte Elbbrücke bei Hämmerten sollte durch einen Neubau für die größeren Achslasten, Zuggewichte und Lichtraumprofile des Korridorverkehrs ertüchtigt werden. Die Gesamtlänge der auszubauenden Strecke betrug 258 km, davon rd. 150 km auf dem Gebiet der Ostzone.

Ausbau, Unterhalt und Betrieb dieser zweigleisigen Korridorstrecke sollten an ein amerikanisch-britisches Unternehmen vergeben werden, das ähnlich wie die Fluggesellschaften im Berlinverkehr unter der Rechtshoheit der Alliierten agieren sollte. Hierfür war die Bereitstellung von ERP-Finanzmitteln aus dem Marshallplan vorgesehen. Die Strecke sollte nach ersten Ansätzen auf eine Achslast von 30 Tonnen und eine Höchstgeschwindigkeit von zunächst 160 km/h, später 200 km/h ausgebaut werden. Alle Bahnübergänge sollten durch Brücken oder Unterführungen ersetzt werden. Damit wären im Personenzugverkehr Reisezeiten von zunächst 140 min bzw. später 120 min zwischen Berlin und Hannover möglich gewesen. Die hohen Achslasten und die Einführung der automatischen Mittelpufferkupplung nach amerikanischem Vorbild hätten schwere und lange Güterzüge mit bis zu 8.000 Tonnen Zuggewicht und rd. 5.000 Tonnen Ladungsgewicht ermöglicht, um insbesondere Brennstoffe und andere Massengüter gebündelt in den Westteil Berlins bringen zu können. Stückgüter sollten aber weiterhin in schweren vierachsigen Güterwagen der UIC-Bauart transportiert werden, damit auch eine Weiterführung im übrigen westdeutschen und westeuropäischen sowie im Berliner Eisenbahnnetz möglich sein würde. Verglichen mit der Luftbrücke wäre eine gewaltige Steigerung der Transportleistungen möglich gewesen. Bereits mit 3 überlangen Güterzügen hätte man die Tagesleistung der Luftbrücke erreichen können.

Während der Konzepterstellung dieses Korridorverkehrs kam man von Güterwagen nach amerikanischen Standards wieder ab, da der Aufwand für den Ausbau der Anschlussstrecken zu groß geworden wäre und bereits mit 20 Tonnen Achslast ausreichende Transportmengen befördert werden konnten. Auch die ursprünglich angedachte Höchstgeschwindigkeit von 160 bzw. 200 km/h im Personenverkehr wurde nicht weiter verfolgt und auf 140 km/h reduziert, weil ansonsten beim Mischverkehr mit den schweren Güterzügen die Streckendurchlassfähigkeit ungünstig beeinflusst worden wäre und zusätzliche Ausweichbahnhöfe im Bereich des Korridors notwendig geworden wären.

Für den Betrieb des Korridorverkehrs hatten sich drei Firmenkonsortien beworben. Eine Unternehmensgruppe, die von großen Mineralölkonzernen finanziert wurde, favorisierte den Einsatz von neu entwickelten dieselelektrischen Schnelltriebwagen und von schweren dieselelektrischen Güterzuglokomotiven amerikanischer Bauart. Eine zweite Unternehmensgruppe plante eine Elektrifizierung der Strecke. Eine dritte Unternehmensgruppe setzte auf leistungsfähige Dampf­lokomotiven neuester amerikanischer Bauart, konnte aber bislang noch keine Finanzierung sicherstellen.


Blick von der Seite auf den Triebkopf des Schnelltriebwagen Technikus Express mit den beiden dreiachsigen Drehgestellen (Archivbild einer Testfahrt vom Dezember 1948)

Das Diesellokomotiv-Konsortium ließ den Technikus Express-Schnelltriebwagen im Borsig-Werk in Berlin-Tegel unter Führung des amerikanischen Lokomotivbauers EMD entwickeln und zwei Züge mit unterschiedlicher Motorenausstattung bauen. Triebkopf und Wagen waren in selbstragender Bauweise konstruiert. Ein sechsachsiger Triebkopf erhielt zwei bewährte Zwölfzylinder-EMD 12-567A-Dieselmotoren mit einer Gesamtleistung von 2.000 PS, die auch in den amerikanischen Schnellzuglokomotiven des Typs EMD E7 zum Einsatz kamen. Hiermit waren aber nur Geschwindigkeiten von max. 130 km/h erreichbar. Der andere Triebkopf erhielt einen aufgeladenen Zwanzigzylinder-V-Motor MB 518 von Daimler Benz mit einer Leistung von 2.500 PS, der bereits in Schnellbooten erfolgreich eingesetzt wurde und die geforderte Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h erreichen konnte.

Die später sehr bekannten Napier Deltic Gegenkolbenmotoren standen 1949 noch nicht zur Verfügung; sie wurden erst ab 1950 erprobt und kamen zunächst in britischen Schnellbooten und ab 1955 in den britischen Diesellokomotive des Typs Class 55 (auch verkürzt unter “Deltic” bekannt) erfolgreich zum Einsatz.


Das Fleischmann-Modell der EMD F7 A-Unit in den Farben der Burlington. Das Vorbild wurde ab 1949 ausgeliefert (das Fleischmann-Modell kam allerdings erst 1960 auf den Markt und hatte bereits ein Kunststoffgehäuse). Die EMD F7-Lokomotiven waren mit einem 16 Zylinder EMD 16-567B Dieselmotor mit einer Leistung von rd. 1.500 PS ausgestattet. Die EMD F7 konnten mit führerstandslosen Motoreinheiten (B-Units) ergänzt werden und waren für eine Höchstgeschwindigkeit von 105 km/h ausgelegt.

Der Güterverkehr auf der Korridorstrecke Berlin – Hannover sollte nach den Plänen des Diesellokomotiv-Konsortiums von den ebenfalls im Jahr 1949 vorgestellten vierachsigen Diesellokomotiven des Typs EMD F7 übernommen werden.


Auch die englische Firma TRIX TWIN ließ sich von den amerikanischen EMD F7 Lokomotiven inspirieren, als sie 1954 den Prototyp des Meteor-Triebwagen vorstellte (Archivbild aus dem TRIX Museum von David O’Brien).


Die Serienausführung des TRIX TWIN Meteors aus dem Jahr 1955 wurde noch deutlicher an die EMD F7 Lokomotiven angelehnt (Archivbild aus dem TRIX Museum von David O’Brien).


Mit der Aufhebung der Berlin-Blockade im Mai 1949 wurden zwischen den Alliierten Vereinbarungen über die Sicherung der Zugangswege in den Westteil Berlins getroffen. Der beabsichtigte Korridorverkehr Berlin – Hannover unter westalliierter Kontrolle wurde nicht eingerichtet, ebenso erfolgten keine Arbeiten zum Ausbau dieser Strecke. Auch die drei Firmenkonsortien wurden bald aufgelöst.

Erst nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Teilstaaten konnte der Ausbau der Lehrter Bahn begonnen werden. Im Jahr 1998, knapp 50 Jahre nach der Vorstellung des Technikus Express wurde auf der Lehrter Bahn der ICE-Schnellfahrbetrieb mit Geschwindigkeiten bis zu 250 km/h eröffnet. Heute beträgt die ICE-Fahrzeit zwischen Berlin Hbf und Hannover Hbf rd. 100 min.

Die dieselelektrischen Technikus-Dieseltriebwagen wurden noch bis 1950 untersucht und auf Testfahrten erprobt. Aufgrund des hohen Kraftstoffverbrauchs wurden sie aber nicht im Regelbetrieb eingesetzt. Sie wurden bald abgestellt und später zerlegt. Die gewonnenen Erfahrungen flossen in die Entwicklung der dieselhydraulischen Schnelltriebwagen VT 08 (1952) und VT 11.5 (1957) der Deutschen Bundesbahn ein.


Die NoHAB-Lokomotive in den Farben der DSB – Dänischen Staatsbahn – von Piko. Das Vorbild wurde aber erst 1954 an die DSB ausgeliefert und passt streng genommen noch nicht in diese Ausstellung des Jahres 1949. Das Piko-Modell mit Kunststoffgehäuse und Gummiringantrieb der belgischen Lokomotive (ähnlich der NoHAB) und andere NoHAB-Lackierungsvarianten folgten ab dem Jahr 1960.


Die Planungen für die Korridorstrecke Berlin – Hannover aus den Jahren 1948/49 waren für den amerikanischen Lokomotivhersteller EMD der Anlass, in Europa Fuß zu fassen, und andere Absatzmöglichkeiten zu entwickeln.

Die für den amerikanischen Eisenbahnverkehr entwickelten Diesellokomotiven der Typen EMD E7 und EMD F7 konnten aufgrund der größeren Lichtraumprofile und der höheren Achslasten nicht auf den normalen europäischen Eisenbahnen eingesetzt werden. Deshalb erhielt der schwedische Maschinen- und Lokbauer „Nydqvist och Holm AB“ (NoHAB) noch im Jahr 1949 Lizenzen zum Bau von EMD-Dieselloks für die europäischen Eisenbahnstrecken unter Beachtung der kontinentaleuropäischen UIC-Standards. Diese Diesellokomotiven erhielten zwei Endführerstände und waren an die europäischen Anforderungen angepasst. Ab 1954 wurden u.a. die Staatsbahnen in Dänemark, Norwegen, Schweden und Ungarn mit NoHAB-Lokomotiven beliefert. Die belgische Staatsbahn erhielt ähnliche Lokomotiven des belgischen Hersteller Anglo-Franco-Belge (AFB), die weitgehend den NoHAB-Lokomotiven entsprachen.


Märklin stellte im März 1949 erstmalig die schwere elektrische Doppellokomotive DL 800 in olivgrüner Lackierung vor. Im Bild links außerdem eine neue Variante des elektrischen Schnelltriebwagens ST 800 in beige-roter Lackierung und mit neuen Antriebswellen (laut Koll und den Märklin-Nachtragskatalogen von 1948 gab es auch eine einfarbige Version, es sind aber bislang keine Bilder bekannt). Die Frontpartie der Doppellokomotive DL 800 und des Schnelltriebwagen ST 800 erinnern sehr an die Gestaltung der amerikanischen Diesellokomotive des Typs ALCO PA.

Die Modelleisenbahnfirmen TRIX (Nürnberg) und Märklin (Göppingen) befanden sich nach Kriegsende in der amerikanischen Besatzungszone. Da beide Firmen während der Kriegsjahre Rüstungsgüter produzieren mussten, standen sie nun unter besonderer alliierter Kontrolle. Die Alliierten steuerten Produktion und Warenabsatz sowie die Zuweisung von Material, Maschinen und Arbeitskräften. Märklin konnte bereits kurz nach Kriegsende wieder Modellbahnen produzieren. Die Waren gelangten jedoch noch nicht in den deutschen Handel, sondern in den Export und in die sogenannten PX-Läden (Post Exchange Stores) auf den amerikanischen Stützpunkten. Die Märklin-Modelle im amerikanischen Stil dürften sich in den PX-Läden recht gut verkauft haben.

Im Nachtrag 1 zum Katalog D47 (von 07.1948) und im Katalog D49 (von 05.1949) schreibt Märklin:

“Der schnellste Märklin-Stromlinienzug Spur 00”

“Mit 200 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit flitzen Diesel-Stromlinien-Expreßzüge durch die Landschaft. Spielend werden recht beträchtliche Steigungen überwunden. Die Dieselmotoren entwickeln insgesamt 5000-6000 PS. Der Stromlinien-Expreß ist die neueste und reifste Schöpfung auf dem Gebiet der Verkehrstechnik.

Auch der hier abgebildete Märklin Schnelltriebwagenzug ist in Anlehnung an das große Vorbild sehr gelenkig gebaut und durchfährt trotz seiner Länge von 51 cm mühelos Gleise mit dem normalen Krümmungshalbmesser. Die Ausführung mit Jacobs-Drehgestellen in Verbindung mit Faltenbälgen gibt dem Zug auch beim Kurvenfahren ein schnittiges Aussehen. Die einfach konstruierten Kupplungen bieten die Möglichkeit, den Zug ST 800 um 2 – 3 Mittelwagen (ST 800 M) zu verlängern.”


Luftbild des Schnelltriebwagen ST 800 von Märklin (Variante 1949).


Das Elektrolokomotiv-Konsortium für den Korridorverkehr wurde vom amerikanischen Elektrokonzern GE General Electric Company geführt, der eng mit dem Lokomotivhersteller ALCO American Locomotive Company verbunden war. Das Konsortium plante den Bau eines neuen Bahnstromkraftwerks im Helmstedter Braunkohlerevier. Das Konsortium prüfte mehrere Bahnstromsysteme, bis man sich schließlich für den mitteleuropäischen Standard mit 15.000 V und 16 2/3 Hz entschied. General Electric verfügte zwar über keine Erfahrungen mit diesem Bahnstromsystem, wollte aber ebenfalls vermeiden, dass der Einsatz der Züge auf den reinen Korridorverkehr Berlin – Hannover beschränkt blieb. Zu diesem Zeitpunkt existierten jedoch weder in Berlin noch im Raum Hannover elektrifizierte Fernstrecken. Erst im Jahr 1963 erreichte der Fahrdraht von Süden kommend Hannover. Die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten dieses Konsortiums für einen gewinnorientierten Bahnbetrieb waren somit als eher niedrig einzuordnen.


Auf der Fahrzeugschau erregte unter der Flagge “Project CV” eine große 2C2-Lokomotive amerikanischer Bauart mit Stromlinienverkleidung besonderes Aufsehen. Die Hudson-Maschine des Typs J-1e basiert auf einer Entwicklung von ALCO aus dem Jahr 1931. Die Hudson Nr. 5344 der NYC – New York Central erhielt 1934 eine von Carl Kantola entworfene und im Windkanal getestete Stromlinienverkleidung und wurde ab 1935 eingesetzt. Die 5344 der NYC gilt als erste amerikanische Stromliniendampflok.

Eigentlich wurde das Vorbild im Jahr 1937 erneut umgebaut und mit einer von Henry Dreyfuss gestalteten neuen Stromlinienverkleidung ausgestattet. Wie diese erste Version der Stromlinienlokomotive auf die Lokomotivausstellung des Jahres 1949 gelangte, konnte noch nicht ergründet werden. Auf der Messe verbreiteten sich Gerüchte, dass eine andere Lokomotive mit der bekannten Stromlinienverkleidung des Jahres 1934 ausgestattet wurde.

Mehr über die Geschichte des Vorbildes dieser beeindruckenden Lokomotive gibt auf der Internetseite von www.dieselpunks.org.


Zum großem Zelt des Project CV hatten nur ausgewählte Besucher Zugang. Die Hostessen achteten streng darauf, dass nur Besucher mit Einladung Zutritt erhielten. Ob sich darin eine neu konstruierte Hochleistungsdampflokomotive verbarg oder die Investoren auf andere Weise auf die Finanzierung des Projektes eingestimmt werden sollten, konnte ebenfalls nicht ermittelt werden.

Das Dampflokomotiv-Konsortium plante leistungsfähige Dampflokomotiven neuester amerikanischer Bauart für den alliierten Korridorverkehr Berlin – Hannover zu entwickeln. Zu diesem Zweck wurde unter dem Namen Project CV eine Werbeveranstaltung auf der Fahrzeugschau durchgeführt. Letzlich konnte aber offenbar keine ausreichende Finanzierung für dieses Projekt gesichert werden, da keine weiteren Aktivitäten dieses Konsortiums bekannt wurden.


Konventionell ging es bei den anderen Lokomotivherstellern zu. TRIX EXPRESS stellte eine neue Version der 20/59 Superautomatik Schnellzuglokomotive vor. Diese Nachkriegs-Version hatte neue schlanke Puffer und dünnere Achsen erhalten. Leider standen ständig andere Messebesucher im Bild. Außerdem erschien der erste TRIX EXPRESS Nachkriegskatalog, in dem der größte Teil des Vorkriegssortimentes bereits wieder enthalten war. Lediglich die kurzen Güterwagen wurden nicht mehr produziert.


Auch bei Schicht und Märklin gab es Lokomotiven bekannter Bauform: links die Schicht 03 mit Blechgehäuse und rechts die Märklin HR 800. Die Schicht-Lok ist eindeutig die höchste Lok dieser Klasse.


Die leichte Schnellzuglokomotive 18 1001 als Metall-Eigenbau bislang unbekannter Herkunft; vermutlich war eine Lokomotivfabrik im Südosten Sachsens im Verbund der LOWA-Betriebe an der Herstellung beteiligt.


Der VEB LOWA stellte mit der 18 1001 eine leichte Schnellzuglok mit der Achsfolge 2C1 und einem dreiachsigen Tender vor. Diese Westentaschen-Pazifik ist zwar hinsichtlich der Bremsanlage für eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h zugelassen, um die traditionsreiche Baureihenbezeichnung 18.10 erneut belegen zu können (die beiden Turbinen-Versuchslokomotiven von Krupp und Maffei wurden bereits 1939 und 1944 ausgemustert). Tatsächlich ist sie aber mit ihrem Kuppelraddurchmesser von 1.600 mm nur für eine Geschwindigkeit von 90 km/h ausgelegt.

Hintergrund dieser Konstruktion waren die Anpassungen im Schienennetz und die neuen Überlegungen zur Lenkung der Reisendenströme auf dem Gebiet der (erst am 7. Oktober 1949 gegründeten) DDR. Nach dem Abbau der in die Sowjetunion transportierten zweiten Streckengleise sollte die Höchstgeschwindigkeit im Schnellzugverkehr grundsätzlich auf maximal 90 km/h begrenzt werden, um die Streckendurchlassfähigkeit zugunsten der Güterzüge zu optimieren. Außerdem sollten die Bürger nicht mehr so viel reisen, sondern lieber in der Nähe der Arbeitsplätze verbleiben und die Produktivität erhöhen. Aufgefundene Geheimpapiere belegten, dass ab dem Fahrplanwechsel Dezember 1949 der D-Zug-Zuschlag drastisch angehoben und eine grundsätzliche Reservierungspflicht für D-Züge eingeführt werden sollten. In diesem Zusammenhang war auch eine deutliche Verkürzung der Zuglängen der wenigen verbliebenen D-Zug-Verbindungen geplant. Die bisherigen Schnellzuglokomotiven der BR 01 und BR 03 waren für das neue Beförderungskonzept überdimensioniert und unwirtschaftlich. Sie sollten daher mittelfristig durch die leichten Schnellzuglokomotiven der BR 18.10 ersetzt werden. Bei den Erprobungsfahrten zeigte sich jedoch, dass die Reibungslast der sechsachsigen Maschine auf den Strecken südlich von Leipzig trotz der reduzierten Zuglasten nicht ausreichte, um Verspätungen ausgleichen zu können. Auch Versuche mit Kohlenstaubfeuerung in den Jahren 1952/53 konnten nicht überzeugen. Die 18 1001 wurde schließlich im Jahr 1954 ausgemustert und beendete ihren Lebenslauf ohne ihre stolzen Windleitbleche als stationärer Dampferzeuger in einer Seifenfabrik. Zum Schluß wurde sie auch noch der Nachlaufachse beraubt, damit der Aschkasten besser gereinigt werden konnte.

Der Mangel an modernen Personenzuglokomotiven der mittleren Leistungsklasse führte in der DDR ab 1954 zur Weiterentwicklung einer fünfachsigen BR 23.10 mit der Achsfolge 1C1 (aufbauend auf zwei Baumustermaschinen aus dem Jahr 1941) und zur Neukonstruktion einer BR 25.10 mit der Achsfolge 1D. Die BR 23.10 konnte sich letztlich durchsetzen und wurde ab 1955 in einer Stückzahl von 113 Maschinen gebaut. Die zwei Vorserienmaschinen der BR 25.10 konnten ebenfalls nicht überzeugen und wurden nach wenigen Jahren abgestellt und ausgemustert.


Zu einer zünftigen Fahrzeugausstellung gehören Prospektsammler, Photographen und Getränke- und Bratwurstverkäufer. Der Getränkeverkauf erfolgte improvisiert von der Ladefläche eines LKWs herab. Passend zum Schwerpunkt dieser Ausstellung wurde eine braune Brause eines amerikanischen Konzerns verkauft.


Hinweis für die Leser: Die kursiven gedruckten Ausführungen zum “Korridorverkehr Berlin – Hannover” und zur “leichten Schnellzuglokomotive 18 1001” sind als historische Fiktion zu verstehen. Die Schilderungen sind natürlich nicht vollkommen aus der Luft gegriffen. An der einen oder anderen Stelle wurden die tatsächlichen Zusammenhänge jedoch weiterentwickelt und zugespitzt. Da sind zum Teil noch nicht mal begründete Vermutungen, sondern sogar vollkommen frei erfundene Thesen niedergeschrieben worden. Aber wer weiß, ein Körnchen Wahrheit steckt auch in diesen Übertreibungen und die Geschichte hätte sich durchaus so weiterentwickeln können. Viel Vergnügen beim Studieren dieser historischen Fiktion.


So, und nun geht es zu den weiteren Themen des Stammtischs.


Ein Besucher unserer Ausstellung am 04.12.2011 Historische Modellbahnen in der Lindenkirchengemeinde fragte uns, ob er mal seine gerade erworbene Fleischmann Spur 0 Blechbahn aufbauen könne. Selbststverständlich, sehr gerne, hier ist ein erster Anfang. Wir können uns bereits auf noch mehr Fleischmann Spur 0 auf dem Modellbahntag der GHO am 04.02.2012 freuen.


In die Kategorie Weihnachten fällt diese sehr gut erhaltene schwedische Elektrolok der Baureihe Da der SJ. Das Vorbild wurde von 1953-1960 gebaut. Das Fleischmann-Modell besitzt die Kat.-Nr. 1333.


Eher selten sieht man den Kibri Übergang mit Lampe 0/61/2 (1938-1940). Im Hintergrund ein komplettes Original, vorn ein Fragment, das kürzlich in einem Blechteilekonvolut gefunden wurde. Das Fragment muss natürlich wieder ergänzt werden.


Ein Blick von oben auf die Rampen des Kibri Übergangs mit Lampe 0/61/2


Nachtrag: Inzwischen hat die Restaurierung des Übergang-Fragmentes begonnen. Die beiden Holzsockel sind bereits angefertigt.


Auch eher selten ist der Kibri Universal-Tunnel 0/44/3 (1949-1959), obwohl er zehn Jahre lang gebaut wurde. Das Besondere daran ist, dass er sowohl über einem Gleisbogen als auch über einem geraden Gleis aufgestellt werden kann. Leider hat die Landschafts-Modellierung etwas gelitten, wie bei fast allen der wenigen bekannten Exemplare.


Dieser unbekannte Blech-Bahnübergang mit Wärterhaus stammt weder von Kibri, noch von Märklin. Er besitzt aber einen Mechanismus zum Schließen der Schranken, wie ihn Kibri unter einem Reichspatent schützen ließ. Wer könnte der Hersteller sein bzw. wer konnte es sich erlauben, gegen ein angemeldetes Patent zu verstoßen ? Vielleicht muss auch hier die Lösung in der Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gesucht werden, vielleicht sogar in der damaligen sowjetisch besetzten Zone, als Patentverstöße noch nicht verfolgt werden konnten.


Hier ist noch ein Bild auf die Unterseite des unbekannten Blech-Bahnübergangs. Man kann die Nummern 25/1930 und 1244/ erkennen.


Als Buchtipp für Freunde alter Modellbahnen sei “Hornby Dublo Trains 1938-1964” von Michael Foster vorgestellt. Es ist neben der History of TRIX von Tony Matthewman ein weiteres sehr empfehlenswertes Werk mit 400 prall gefüllten Seiten aus dem bekannten Verlag New Cavendish Books.


Der Bahnhof Zoo der großen Modul-Anlage der GHO – Gustav-Heinemann-Oberschule mit dem Befehlsstellwerk.


Ein Blick in die Abstellgruppe des S-Bahn-Betriebswerk der großen Modul-Anlage der GHO.



Unsere nächste Ausstellung findet bereits am Sa 04.02.2012 von 10:00 – 18:00 Uhr erneut in der Gustav-Heinemann-Oberschule statt. Anlass ist der Modellbahntag der GHO, mit dem der 30. Geburtstag der Modellbahn AG gefeiert werden soll. Es werden rd. 10-12 Anlagen zu sehen sein, darunter auch einige bereits bekannte Anlagen aus der Ausstellung in der Lindenkirchengemeinde, aber auch viele neuen Themen.



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