Hoffmanns Eisenbahnwerkstatt

von Uwe Petzold, ergänzt von Dieter Weißbach


Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die meisten Menschen zunächst damit beschäftigt, die Versorgung für den täglichen Bedarf sicherzustellen und ihr Leben neu zu organisieren. Doch schon bald kam auch wieder der Wunsch nach Modellbahnen auf. Die beiden großen Hersteller TRIX und Märklin standen bis 1949 unter der Kontrolle der Besatzungsmächte und konnten noch nicht für den privaten Handel produzieren. Für eine kurze Zeit eröffnete sich für neue Kleinbetriebe die Möglichkeit, Modellbahnprodukte anzubieten.

Da zunächst auch die Nutzung von Metallwerkstoffen und Werkstätten unter der Kontrolle der Besatzungsmächte stand, bot sich für diese Kleinbetriebe die Fertigung von Kartonbausätzen an.




Ernst Ganzer und die ersten Modelle aus Karton


Ernst Ganzer hatte sich bereits seit 1926 mit Modellierbogen aus Karton beschäftigt. In den Kriegsjahren entwarf er die Grundform für die Modellierbogen-Konstruktion und Metall-Zusatzteile für Eisenbahn-Modelle für die Spur 00.

Nach dem Krieg, im Jahr 1947 gründete Ernst Ganzer die Firma ERGA Lehrmodelle Ganzer & Gaul, um seine Kartonbausätze produzieren zu können.


Mit diesem vierteiligen Zug begann 1947 das Bausatzprogramm der ERGA Lehrmodelle.

Die ERGA Lehrmodelle wurden unter anderen über Böttchers Schriftenreihe und über die Berliner Händlerin Luise Herr angeboten.


Weitere Informationen zu den frühen Aktivitäten von Ernst Ganzer gibt es auf unserer TRIXSTADT-Seite Ernst Ganzer – sein Wirken als Modellbahnpionier 1926–1947.




Hoffmanns Eisenbahnwerkstatt


Im Frühjahr 1946 überraschte Dipl.-Ing. Werner Hoffmann aus Mylau bei Reichenbach/Vogtland mit der Ankündigung von Karton-Bausätzen für Wagen und Lokomotiven für die Spur 00.


Ein erster Bericht über Hoffmanns Eisenbahnwerkstatt findet sich in Werner Böttchers Fern-Unterricht für Modelleisenbahner Lehrbrief IV / 35/36 vom März/April 1946.


Ein Kurzbericht von der Leipziger Frühjahrsmesse 1946, in dem auf die Bastelbogen von Hoffmanns Eisenbahnwerkstatt eingegangen wird, wurde in der folgenden Ausgabe von Werner Böttchers Fern-Unterricht für Modelleisenbahner Lehrbrief IV / 37/38/39 vom Mai/Juni/Juli 1946 abgedruckt.


Der angekündigte eingehende Bericht über das Gespräch mit Dipl.-Ing. Hoffmann wurde im Lehrbrief IV / 40/41 vom August/September 1946 wiedergegeben.


Die deutschen Modellbahnhersteller konnten im Jahr 1946 noch nicht für dem Inlandmarkt liefern. Exemplarisch sei eine Mitteilung in Werner Böttchers Lehrbrief IV / 44 vom Dezember 1946 wiedergegeben:

Bei Fa. Rehse keine Liefermöglichkeit.

Die bekannte Mechanische Werkstatt von Herrn Heinrich Rehse, Leipzig W 32, Winsdorfer Straße 1, teilt uns mit, daß die Produktion unter das ergangene Spielzeug­herstellungsverbot fällt und somit gegenwärtig nichts geliefert werden kann. Anfragen daher zwecklos.


Lediglich der Verkauf von Modellbaubögen und Bauzeichnungen war in diesem Jahr 1946 möglich.




Der Kartonbausatz für die E 52 – Deckblatt.

Hier werden die verschiedenen Modelle von Hoffmanns Eisenbahnwerkstatt am Beispiel von zwei Zügen gezeigt:

  • Der D-Zug besteht aus der orangeroten elektrischen Lokomotive (E 52), einem gelben D-Zug-Packwagen mit Zugführerkanzel, einem grünen D-Zug-Personenwagen 1. und 2. Klasse, einem roten Mitropa-Speisewagen und einem grauen D-Zug-Personenwagen 3. Klasse.
  • Der Eilgüterzug besteht aus der orangeroten elektrischen Lokomotive (E 52), einem gelben D-Zug-Packwagen mit Zugführerkanzel und zwei vierachsigen Rungenwagen.

In Vorbereitung sind laut der Aufstellung:

  • ein Lokomotivantrieb,
  • verschiedene andere Wagenausführungen,
  • ein Schnelltriebwagen,
  • Schienen, Weichen und dergleichen


Der Kartonbausatz für die E 52 – Blatt mit den Einzelteilen und Zusammenbau-Anweisung.


Der Kartonbausatz für die E 52 – Blatt mit dem Gehäuse der elektrischen Lokomotive.


Vielen Dank an Torsten, der uns die Scans des Kartonbausatz für die E 52 zur Verfügung stellte.


Eine zusammengebaute E 52 von Hoffmanns Eisenbahnwerkstatt auf unserer Historischen Modellbahnausstellung im Deutschen Technikmuseum Berlin 2010.


Eine weitere zusammengebaute E 52 von Hoffmanns Eisenbahnwerkstatt, hier mit drei Treibachsen und Stirnbeleuchtung. Dieses fahrbereite Exemplar ist auf einem Fahrwerk EAW BR 61 aufgebaut.


Der Kartonbausatz für den Reichsbahnwagen 3. Klasse – Deckblatt mit Zugbeispielen und Zusammenbau-Anweisung.

Hier werden wieder zwei Züge mit Modellen von Hoffmanns Eisenbahnwerkstatt gezeigt. Der DR-Schnellzug enspricht von der Zusammensetzung dem Beispiel auf dem Deckblatt des E 52-Kartonbausatzes. Hinzugekommen ist aber ein Mitropa-Zug, der aus einem Postwagen (neu), einem Mitropa-Speisewagen und zwei Mitropa-Schlafwagen (neu) besteht.

Oben rechts ist ein Vermerk zu sehen: D.R.P ang. (Patent angemeldet). Dieser Vermerk fehlte noch beim Kartonbausatz der E 52.


Der Kartonbausatz für den Reichsbahnwagen 3. Klasse – Blatt mit dem Gehäuse des Reichsbahnwagens.

Interessant ist hier der Druck-Code in der unteren linken Ecke. Hier ist das Datum 26.6.1946, die Zahl 60.000 (vermutlich die Auflage) und das Kürzel Cr.7 oder G.7 zu lesen.


Vielen Dank an Torsten, der uns auch die Scans des Kartonbausatz für den Reichsbahnwagen 3. Klasse zur Verfügung stellte.


Der Kartonbausatz für den Mitropa-Schlafwagen – Deckblatt mit Zugbeispielen und Zusammenbau-Anweisung (Ausschnitt).


Ein zusammengebauter Mitropa-Speisewagen von Hoffmanns Eisenbahnwerkstatt


Ein zusammengebauter Postwagen von Hoffmanns Eisenbahnwerkstatt


Die Schnellzugwagen von Hoffmanns Eisenbahnwerkstatt wurden maßstäblich ausgeführt. Der Mitropa-Speisewagen hatte eine LüP von 254 mm und der Postwagen von 236 mm. Dies übertraf die Maße der von TRIX und Märklin hergestellten Vorkriegswagen.


In der Ausgabe der „Spielzeug-Lade“ 37. Jahrgang, Heft 8/9 vom August/September 1947 erschien der Beitrag „Modelleisenbahn zum Selbstbasteln“ über die Kartonbausätze von Hoffmanns Eisenbahnwerkstatt. Dort waren neben der E 52 und den Schnellzugwagen auch ein zweiteiliger elektrischer Triebwagen und ein vierachsiger Rungenwagen zu sehen. Im Historischen Modellbahnforum www.maetrix.de gibt es Bilder dieses Beitrages mit dem elektrischen Triebwagen von Hoffmanns Eisenbahnwerkstatt




Aufruf an die Leser:


Zu diesem Artikel wären noch Belege von Interesse, wie lange die Hoffmann-Bausätze angeboten wurden, z.B. über den Vetrieb durch die Berliner Händlerin Luise Herr.

Außerdem würden wir gerne noch Beispiele weiterer zusammengebauter Modelle oder Bausatzbögen weiterer Modelle hier ergänzen.





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