TRIX EXPRESS in der Schweiz – Spannende Entdeckungen Teil 1: Elektrolokomotive, Gepäcktriebwagen und andere Überraschungen

Bericht und Bilder: Peter Anderegg – 2013


Ergänzung 20.05.2013: vier Bilder ergänzt


Seit 1978 sammle ich Trix Express and TTR (Trix England). Dabei war der September 2011 mein Glücksmonat: Ich fand einen 20/58 Diesel-Triebwagen in Orange-Silber und viele unbekannte Trix Express-ähnliche Modelle, darunter zwei SBB (Schweizerische Bundes-Bahnen)-Elloks mit einem Aufbau, basierend auf dem Chassis des TTR “Southern Electric”-Triebwagens:


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Bild 1 – TTR “Southern Electric” Multiple Unit (EMU)-Triebwagen von 1937


Ich möchte Euch diese Modelle in Teil 1 vorstellen. Also September 2011 eröffnete mir der Sohn eines früheren Modellbahn-Händlers in Zürich, den ich viel in meiner Swissair-Zeit von 1979 bis 1983 besucht hatte, dass er einige interessante Trix-Elloks habe. Ich konnte das ihm kaum glauben, aber meine Neugier war entfacht, und ich entschloss mich, ihn zu besuchen. Er zeigte mir zwei schweizerische Elloks und vier Modellbahnwagen, alle für das Trix Express Dreileiter-System in Wechselstrom konstruiert.


Hölzerne Präsentations-Schachteln, erstellt für einen Modellbahn-Handelsreisenden

Zu den Elloks gab es zwei Holzschachteln, eine beschriftet mit “Fe 4/4” und die andere mit “Bodensee”. Aber bei den Loks handelte es sich um einen Gepäcktriebwagen SBB Fe 4/4 Bo-Bo und eine Güterzuglok SBB Be 4/7 1B1B1. Deshalb stellte ich gegenüber dem Besitzer der Modelle fest, dass da irgendetwas mit den Holz-Schachteln nicht stimmte, und eventuell eine Verwechslung zwischen Schachteln und Loks passiert war. Er bestätigte mir, dass da noch eine weiter Holzschachtel vorhanden sei, angeschrieben mit “Be 4/7”. Somit gab es also drei Holz-Schachteln derselben Machart, aber nur zwei Loks. Die Holz-Schachtel für eine “Bodensee”-Lokomotive war übrig. Der Besitzer erzählte mir, dass nach der Liquidation des Modellbahngeschäftes seines Vaters im 1999 mindestens eine Lok aus einem privaten Ausstellungs-Schrank vermisst wurde, aber nie mehr auftauchte….


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Bild 2 – Leere Präsentations-Schachtel “Bodensee”


Bild 2 zeigt die hölzerne Präsentations-Schachtel “Bodensee”. Das Gleis ist auf einem hölzernen Gleisbett (grau) und Holzleiste aufgenagelt. Die Holzleiste in einer Führung beweglich festgehalten, kann zum Zeigen herausgezogen werden. Ein interessantes Detail: Alle drei Schachteln sind verschieden lang und wurden pro Lok individuell erstellt. So unterschied sich der Abstand zwischen den zwei mittigen Löchern und der Abstand entsprach genau dem Befestigungsloch der Schleifer-Platte je Drehgestell. So konnten die Loks von unten mit Schrauben fixiert werden. Ein wirksamer Schutz gegen Beschädigungen (noch heute sind viele Modellautos nach derselben Technik geschützt).


SBB Be 4/7 Ellok, genannt “Grosse Sécheron” (1B1B1)

1922 wurden in der Schweiz vom Vorbild sechs Stück produziert durch SLM Winterthur (mechanischer Teil) and Sécheron Vevey (elektrischer Teil). Die Elloks kamen zum Einsatz vor schweren Güterzügen. Für einen Trix-Liebhaber ist hier besonders interessant, was aus dem Chassis des TTR “Southern Electric”-Triebwagens entstehen kann (siehe Bild 3): Aus dem Bo-Bo-Drehgestell des “Southern Electric”-Triebwagens entstand eine Güterzug-Ellok mit folgender Radauslegung: 1B1-B1. Es scheint sogar möglich, dass dieses Modell sogar früher entstanden ist als der 20/58-DRG (Deutsche Reichbahn-Gesellschaft)-Dieseltriebwagen.


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Bild 3 – SBB Be 4/7 Güter-Elok – Seitenansicht


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Bild 3a – SBB Be 4/7 Güter-Elok – Schrägansicht


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Bild 3b – SBB Be 4/7 Güter-Elok – Schaltwerk und Antrieb


SBB Fe 4/4 Elektro-Gepäcktriebwagen

In der Schweiz wurde das Vorbild um 1927 in einer kleinen Serie von 25 Maschinen durch SLM Winterthur hergestellt. Die Fe 4/4-Gepäcktriebwagen wurden im schweizerischen Vororts-Zugverkehr analog der “Southern Electric”-Triebwagen in England (London-Küste von Südengland) eingesetzt. In der Schweiz fuhren sie immer zu zweit am Anfang und Ende eines Zuges auf folgenden Strecken: Zürich-Meilen-Rapperswil (sogenannte “Gold Küste” des Zürichsees) and Basel-Liestal-Olten in der Nordwest-Schweiz.


1999 hatte ich im DB-Museum Nürnberg die Geburtstagsausstellung “TRIX – Alles aus einer Hand” besucht, wo ich das folgende Bild einer SBB Fe 4/4, machte. Dieses Modell wurde als Handmuster aus dem Trix-Archiv vorgestellt (siehe Bild 4):


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Bild 4 – SBB Fe 4/4 Elektro-Gepäcktriebwagen, ausgestellt 1999 im DB Museum Nürnberg


Bei meinen Entdeckungen September 2011 wurde wieder ein Chassis des TTR “Southern Electric”-Triebwagens für ein identisches Modell (siehe Bild 5) verwendet. Dabei interessantes Detail: Die Pantografen sind funktionslos und deren Konstruktion massstäblich und identisch! Ich fragte mich: Reiner Zufall oder ein Schritt hin zu einer geplanten Serienproduktion?


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Bild 5 – SBB Fe 4/4 Elektro-Gepäcktriebwagen aus meinen Entdeckungen von 2011


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Bild 5a – SBB Fe 4/4 Elektro-Gepäcktriebwagen – Schrägansicht


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Bild 5b – SBB Fe 4/4 Elektro-Gepäcktriebwagen – Schaltwerk und Antrieb


DRG Güterwagenmodelle

Die zwei Güterwagenmodelle waren zusammen mit den obigen Ellok-Entdeckungen. Sie sind beschriftet im deutschen Vorkriegs-Schema für Güterwagen der DRG (Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft), das einen “Gattungsbezirk” pro Einheit vorsah. Auf Bild 6 ist ein 6-achsiger Schwerlast-Güterwagen (beschriftet mit “Dresden”) und Bild 7 zeigt einen 4-achsigen Erz-Güterwagen (beschriftet mit “Köln”), beide in Blech hergestellt. Stützt man sich auf die Kupplungen, die Achsblenden und Achsen sowie die Bremserhäuschen, so entstanden die beiden Wagen um 1939 bis 1940, bevor TRIX seine Modellbahn-Produktion vermutlich im Frühjahr 1941 einstellen musste.


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Bild 6 – DRG Schwertransport-Güterwagen mit 6 Achsen beschriftet mit “Dresden”


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Bild 7 – DRG Erztransport-Güterwagen mit 4 Achsen beschriftet mit “Köln”


Interessant ist dabei, dass die Gattungsbezirk-Aufschriften nicht korrekt sind. Bei der DRG war der Gattungsbezirk “Dresden” für großräumige gedeckte Wagen vorgesehen, der Gattungsbezirk “Köln” stand für vier- und mehrachsige Schienenwagen sowie Schwerlastwagen. Offenbar hatte der Ersteller der Wagen vom Gattungsbezirk-Schema der DRG gehört, kannte aber nicht die genauen Bezeichnungen.

Die beiden als Handmuster gefundenen Wagentypen erschienen als “Schwerlastwagen mit/ohne Transformator” und als “ERZ IIId” erst im Trix Express-Katalog von 1959!


SBB Leicht-Schnellzugwagen

Um 1937 begannen die Schweizer Bundesbahnen (SBB) mit der Entwicklung von Leicht-Schnellzugwagen. Die Gewichtsreduktion wurde erreicht dank der Verwendung von Aluminium-Profilen. Diese Leicht-Schnellzugwagen passten sehr gut zum oben gezeigten Prototyp SBB Fe 4/4 Elektro-Gepäcktriebwagen und dessen Nachfolger. Interessant ist der Vergleich zwischen den Drehgestellen dieser Wagen: In Bild 8 sind sie ähnlich jenen der kurzen 4-achsigen Personenwagen aus 1935/36 und in Bild 9 ähneln sie den Britischen TTR Modell-Schnellzugwagen LMS und LNER, ab 1937 hergestellt. Beide Modell sind aus Blech.


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Bild 8 – SBB Leicht-Schnellzugwagen 3. Klasse, Typ 1 mit kurzen Drehgestellen


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Bild 9 – SBB Leicht-Schnellzugwagen 3. Klasse, Typ 2 mit langen Drehgestellen


Handmodell der Entwicklungsabteilung von Trix Nürnberg oder Bastelei eines Trix-Begeisterten?

Aufgrund der Aussagen des Besitzers und etlicher von mir überprüften Anhaltspunkte halte ich es für möglich, dass die Teile bei oder für TRIX Deutschland oder TTR in England vor dem 2. Weltkrieg hergestellt worden sind, aber schlussendlich interessiert es mich nicht: Ich sammle aus Freude!

Warum kam es nicht zur Produktion? Im Sommer 1939 fand in der Schweiz die “Landi” (Landes-Ausstellung – immer alle 25 Jahre durchgeführt) statt, wo die neusten Entwicklungen im Eisenbahn-Bau und besonders im schweizerischen Lokomotiv-Bau gezeigt wurden. Die SBB zeigten zwei stromlinienförmige Prototypen, die Ae 8/14, damals als stärkste Ellok der Welt bezeichnet mit der Achsauslegung 1B1B1+1B1B1 und den “Roten Doppelpfeil” RAe 4/8 (2-Bo+Bo-2)Achsauslegung (ab 1948 genannt “Sir Winston Churchill-Pfeil”: Churchill hatte das Fahrzeug 1946 während seiner Schweizerreise benutzt). Die BLS (Bern-Lötschberg-Simplon Bahn) war an der Landi mit ihrer stromlinienförmigen Ae 6/8-Ellok (1CC1). Wenn man den neuen Zeitgeschmack, der runde stromlinienförmige Formen vorzog, so waren die beiden eckigen SBB Elloks Be 4/7 und Fe 4/4 im Jahr 1939 total veraltet, und, hätten kaum noch Käufer gefunden, wenn sie je von TRIX vorgeschlagen worden wären…. Dies könnte erklären, dass diese Elloks nie in Nürnberg in Produktion gingen.


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Bild 10 – Leere Holz-Präsentations-Schachtel “Bodensee”


Aber was geschah mit der Holz-Schachtel “Bodensee”? – Dieser Artikel wird fortgesetzt und Teil 2 wird meine Forschungen und deren Ergebnis bezüglich der leeren Holzschachte “Bodensee” zeigen….


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